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Kultur: Herbstgutachten: Weiser Rat ist teuer

Was die führenden Wirtschaftsforscher des Landes am Dienstag in ihrem Herbstgutachten präsentieren würden, war seit Tagen bekannt. Womöglich fiel deshalb ihre Mahnung an die Adresse der Bundesregierung umso drastischer aus: "Die Weltwirtschaft ist derzeit von ungewöhnlicher Unsicherheit geprägt - es ist denkbar, dass die Konjunktur-Entwicklung noch erheblich schlechter verlaufen wird, als wir annehmen", warnte Oscar-Erich Kunze, Ökonom beim Münchner Ifo-Institut, bei der Vorlage der Studie in Berlin.

Was die führenden Wirtschaftsforscher des Landes am Dienstag in ihrem Herbstgutachten präsentieren würden, war seit Tagen bekannt. Womöglich fiel deshalb ihre Mahnung an die Adresse der Bundesregierung umso drastischer aus: "Die Weltwirtschaft ist derzeit von ungewöhnlicher Unsicherheit geprägt - es ist denkbar, dass die Konjunktur-Entwicklung noch erheblich schlechter verlaufen wird, als wir annehmen", warnte Oscar-Erich Kunze, Ökonom beim Münchner Ifo-Institut, bei der Vorlage der Studie in Berlin. Wird also alles noch schlimmer, steht Deutschland nicht erst "am Rand einer Rezession", wie es zunächst hieß, sondern bereits mittendrin?

Milliarden-Belastungen ab 2002

Eine Rezession im klassischen Sinne gibt es derzeit noch nicht, sagen die Fachleute - dass sie bald kommen wird, ist indes nicht auszuschließen. Dazu muss es nicht einmal einen weiteren Terror-Anschlag auf die USA oder ein anderes westliches Land geben. Denn der Staat und die Sozialversicherungen werden Verbraucher und Unternehmen im kommenden Jahr wiederum mit Milliarden-Beträgen belasten. Das könnte, trotz der Wirkungen der Steuerreform 2000, den letzten Rest des kümmerlichen Wachstums hier zu Lande tilgen. Denn der Konsum ist für die Binnenkonjunktur wichtiger geworden, seit die Exporte auf Grund der Krisen in den USA und in Japan einen deutlich geringeren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leisten. Im dritten Quartal dieses Jahres rechnen die Institute noch mit einem kleinen Plus beim Bruttoinlandsprodukt, im vierten Quartal nur noch mit Stagnation. Verhagelt im Januar 2002 dann eine schrumpfende Wirtschaftsleistung den Deutschen den Start ins neue Jahr?

Darauf deuten zumindest viele Anzeichen hin. Allein die von der Bundesregierung geplanten Steuererhöhungen schlagen zusammen mit rund elf Milliarden Mark Mehrbelastung zu Buche. An der nächsten Ökosteuer-Stufe, die mit knapp 5,5 Milliarden Mark zu Buche schlagen dürfte, hält die Koalition derzeit noch fest. Beschlossen ist zudem die Einführung der Steuer auf schwefelhaltiges Benzin, die bereits vor dem Jahreswechsel in Kraft treten soll. Hinzu kommen die Versicherungssteuer mit einer Milliarde Mark sowie die Tabaksteuer, deren Einführung sich Anfang April 2002 abzeichnet - macht zusammen geschätzte zehn Milliarden Mark Belastung. Dem steht nur eine Entlastung von rund 2,5 Milliarden Mark gegenüber, die aus der Erhöhung des Kindergeldes und den Steuererleichterungen für mittelständische Unternehmen stammen.

Hinzu kommen die Finanzprobleme der Sozialversicherung. Wegen der immer schlechteren Lage am Arbeitsmarkt ist eine Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung unwahrscheinlich geworden - der Erhöhung der Öko-Steuer steht also keine echte Entlastung gegenüber. Obendrein werden Beitragssätze zur gesetzlichen Krankenversicherung vermutlich von derzeit 13,6 auf rund 14 Prozent steigen - das macht noch einmal rund acht Milliarden Mark Belastung. Außerdem gibt es Unsicherheitsfaktoren an der Preisfront: Die Euro-Umstellung wird keinen Inflationsschub bringen, vermuten die Wirtschaftsforscher im Herbstgutachten. Das sehen einige Experten anders. Eine wieder ansteigende Geldentwertung würde zusätzlich Einbußen bei der Kaufkraft bringen.

Sinkende Umsätze

Unterm Strich werden Unternehmen und Konsumenten also mit bis zu 17 Milliarden Mark zusätzlich belastet, wenn die Regierung an ihren bisherigen Steuerplänen festhält. Der Einzelhandel sieht deshalb bereits pessimistisch ins neue Jahr und erwartet um 1,5 Prozent sinkende Umsätze, weil die Bürger vermutlich jeden Euro zweimal umdrehen werden.

Als Mittel zur Anregung der lahmen Konjunktur empfehlen die Wirtschaftsforschungsinstitute ein Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform auf das kommende Jahr. Geplant ist sie für 2003. Das würde den Staat 13,5 Milliarden Mark kosten und neue Schulden erfordern. Trotzdem würde dieser Schritt den Anstieg der Steuern und Abgaben nicht einmal wettmachen. Doch selbst unter den Ökonomen ist ein Vorziehen der Steuerreform auf Anfang 2002 umstritten. Um 45 Milliarden Mark hat der Staat in diesem Jahr die Steuerzahler entlastet - gebracht hat dies aber allenfalls eine Stabilisierung der Lage, sagen sie.

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