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Hessischer Staatspreis verschoben: Zentralrat beklagt Ablehnung durch Sezgin

Nachdem die Aberkennung des Hessischen Staatspreises an Navid Kermani letzte Woche zu scharfen Protesten geführt hatte, entschied die Jury die Verleihung vom 7. Juli auf den Herbst zu verschieben.

Dialog, Dialog, Dialog. Der zwischen der Öffentlichkeit und der hessischen Staatskanzlei hat offenbar funktioniert. Nachdem die Aberkennung des Hessischen Staatspreises an Navid Kermani letzte Woche zu scharfen Protesten geführt hatte, entschied die Jury unter Vorsitz von Ministerpräsident Roland Koch am Montag in einer Telefonkonferenz, die Verleihung vom 7. Juli auf den Herbst zu verschieben. Die Anregung dazu sei von den Mitpreisträgern Peter Steinacker, Karl Lehmann und Salomon Korn gekommen. Man wolle versuchen, „in gewissem Abstand zur aktuell aufgeheizten Diskussion das gemeinsame – nicht öffentliche – Gespräch zu suchen“.

Von dessen Verlauf werde das Kuratorium das weitere Vorgehen abhängig machen. Nach einem Gespräch mit Kermani zeigte sich Koch laut Presseerklärung optimistisch, dass auch dieser ein solches Gesprächsangebot annehmen werde. Seltsame Prozedur: Statt der Preisgeber sollen die Preisträger befinden, wie es mit der Preisverleihung weitergehen soll.

Unterdessen kritisierte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer einen anderen, missglückten Dialog. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel mahnte er, bei aller Brisanz des Skandals müsse auch dessen nicht minder skandalöser Ausgangspunkt thematisiert werden. Kramer erinnerte daran, dass ursprünglich der Orientalist Fuat Sezgin als einer der vier Preisträger ausgezeichnet werden sollte, dies aber verweigerte, weil Mitpreisträger Salomon Korn, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, den jüngsten Gazakrieg angeblich zu einseitig kommentiert habe. Sezgin habe es als für seine politische Überzeugung und sein kulturelles Verständnis nicht hinnehmbar bezeichnet, gemeinsam mit Korn geehrt zu werden. Das wiederum, so Kramer, sei „klassischer Antisemitismus im Gewand des Antizionismus, wie er leider in erheblichem Maße auch in intellektuellen muslimischen Kreisen vorhanden ist“. Darüber spreche heute jedoch keiner mehr, man befasse sich fast ausschließlich mit der Reaktion der christlichen Würdenträger auf einen Zeitungsbeitrag des Sezgin-Nachrückers Navid Kermani. Kramer weiter: „Warum hat niemand aufgeschriien, als ein Muslim sich weigerte, einen Preis mit einem Juden anzunehmen?“

Auch Fuat Sezgin legte mittlerweile die Gründe für seine Ablehnung dar: Dass er den Preis nicht annehmen wollte, „liegt keineswegs daran, dass ich Salomon Korn als meinen ,Gegner’ ansehe, weder persönlich noch in allgemeiner politischer Hinsicht. Im Gegenteil achte und schätze ich Korn als Vertreter der jüdischen Gemeinde und als eine wichtige intellektuelle Stimme Deutschlands insgesamt.“ Es sei Korns „Freisprechen des Staates Israels von jeder Mitverantwortung“ gewesen, das ihn zur Ablehnung bewogen habe. Er habe als strikter Gegner militärischer Konfliktlösungen in der heutigen Welt und aus den allgemeinen Erwägungen eines Kulturhistorikers heraus entschieden. „Hätte ich, unter anderen Umständen, gemeinsam mit dem Vertreter einer anderen Bevölkerungsgruppe ausgezeichnet werden sollen, der ähnlich gelagerte Militärhandlungen in einem anderen Teil dieser Welt befürwortete, hätte ich nicht anders gehandelt.“ til/malt

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