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Stein des Anstoßes. Die Sphinx von Hattuscha aus dem 14./13. Jh. v. Chr. Zu sehen im Museum für Vorderasiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin.

© bpk / Vorderasiatisches Museum

Hethiter-Schatz: Türkisches Ultimatum: Berlin soll Sphinx zurückgeben

Der türkische Kulturminister stellt Deutschland ein Ultimatum: Berlin muss die Sphinx von Hattuscha zurückgeben – oder deutsche Archäologen dürfen vor Ort nicht mehr graben.

Die Türkei hat Deutschland eine letzte Frist zur Rückgabe der Sphinx von Hattuscha gesetzt, die sich in Berlin im Museum für Vorderasiatische Kunst befindet. Wenn die Bundesrepublik die Sphinx nicht bis Juni zurückgebe, dann werde dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) endgültig die Grabung in Hattuscha entzogen, sagte der türkische Kulturminister Ertugrul Günay dem Tagesspiegel.

Bereits im Herbst hatte er mit dem Entzug der Grabungserlaubnis gedroht, nun gibt es ein klares Ultimatum. Einer mehr als 100-jährigen Tradition deutscher Archäologie in der Türkei wäre damit ein jähes Ende bereitet: Seit 1906 graben Deutsche in Hattuscha, der einstigen Hauptstadt des Hethiterreiches in Zentralanatolien und bedeutendsten deutsche Ausgrabungsstätte der Bronzezeit im Vorderen Orient. Die Türkei hat Günay zufolge die Aufnahme von Gesprächen mit der deutschen Regierung über die Sphinx durchgesetzt. Die Bundesregierung lehnt die Rückgabe der Steinfigur bisher strikt ab.

Um eine leere Drohung handelt es sich nicht. Wie Günay bestätigte, entzog sein Ministerium dem Institut bereits eine andere Grabung: die römische Stadt Aizanoi in Westanatolien mit einem gut erhaltenen Zeus-Tempel. Hier wird seit 1926 gearbeitet; seit 1970 besaß das DAI ohne Unterbrechung eine Grabungslizenz. Zuletzt sei der deutsche Leiter aber höchstens 14 Tage pro Jahr dort gewesen, wenn überhaupt, sagte Günay. Deshalb habe er die Arbeit der Universität im nahen Kütahya übertragen, die zudem noch Drittmittel besorgte.

Auch mit den deutschen Archäologen in Hattuscha ist die Türkei nicht zufrieden. Günay beklagt sich, dass dort seit Jahren keine größeren Restaurierungsarbeiten mehr vorgenommen wurden, auch fehle es an Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung der freigelegten Anlagen. „Wenn dann noch ein von dort fortgeschafftes Fundstück nicht zurückkommt, warum soll ich die Grabung weiterhin vom deutschen Institut machen lassen?“, sagte der Minister. „Wenn es bis zum Beginn der Grabungssaison keine Zusage (für die Rückgabe der Sphinx) gibt, bin ich fest entschlossen, die Grabungslizenz für Hattuscha zu annullieren.“ Die Grabungssaison beginnt Mitte Juni. Die Sphinx war 1915 von deutschen Forschern nach Berlin gebracht worden, wo sie eigentlich nur restauriert werden sollte, dann aber blieb.

Deutsche Archäologen graben derzeit an rund einem Dutzend Stätten in Anatolien. Von der Zusammenarbeit mit deutschen Archäologen müssten beide Seiten profitieren können, forderte Günay. Außer in Pergamon seien im vergangenen Jahr aber an keiner deutschen Grabungsstätte nennenswerte Restaurationsprojekte verwirklicht worden, obwohl die Abkommen dies ausdrücklich vorsähen, kritisierte der Minister. „Die Türkei hat neue Universitäten, neue archäologische Institute sowie engagierte und erfolgreiche Archäologen. Wenn wir also auf diesem Gebiet nicht die erhoffte Kooperation sehen, dann werden wir nicht zögern, die Grabungen an unsere eigenen Universitäten zu übertragen.“

Bezüglich der großen Berliner Pergamon-Ausstellung im Oktober bestätigte Günay erneut, dass die Türkei keine der angefragten Leihgaben aus ihren Museen zugesagt hat. Schließlich habe die Türkei mit Leihgaben nach Berlin schlechte Erfahrungen gemacht, sagte der Minister in Anspielung auf die Sphinx. „Die Rückgabe einiger der von uns zurückgewünschten Stücke würde eine Kooperation erleichtern“, fügte er hinzu. „Wir könnten uns schon vorstellen, etwas zu der Ausstellung beizusteuern, aber wir wollen dafür auch etwas guten Willen von der anderen Seite sehen.“ Seit Jahren gebe immer nur die Türkei; wenn sie freundlich um Rückgabe bitte, werde das ignoriert.

Was die Rückforderung anderer Kunstschätze – angefangen beim Pergamon-Altar – angehe, so stehe die Türkei zwar grundsätzlich auf dem Standpunkt, dass alle archäologischen Kunstschätze an ihren Ursprungsort gehörten, sagte Günay. „Wenn wir nun aber sofort all das zurückfordern würden, was aus unserem Land abgeschleppt worden ist, dann würden wir uns in endlose Rechtsstreitigkeiten und Konflikte verstricken.“ Konkret fordert die Türkei deshalb derzeit nur die Sphinx von Hattuscha zurück, bei der es sich um einen besonders klaren Fall von Vertragsbruch handele.

Auf längere Sicht arbeitet Ankara mit Griechenland zusammen. Der Minister äußert die Hoffnung, nach dem Umbruch in Ägypten die Kooperation mit Kairo verbessern zu können, um mit vereinten Kräften die Rückgabe verschleppter Kunstschätze zu erwirken.

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