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Kultur: Hilary Hahn und Mariss Jansons mit den Philharmonikern (Kommentar)

Welche technischen Herausforderungen warten noch auf eine 20-jährige Geigerin, die Schostakowitschs erstes Violinkonzert bereits vollendet spielen kann? In den langsamen Sätzen zeigt die junge Amerikanerin Hilary Hahn perfekte Projektion, weit ausschwingende Phrasen in hauchzartem Pianissimo.

Welche technischen Herausforderungen warten noch auf eine 20-jährige Geigerin, die Schostakowitschs erstes Violinkonzert bereits vollendet spielen kann? In den langsamen Sätzen zeigt die junge Amerikanerin Hilary Hahn perfekte Projektion, weit ausschwingende Phrasen in hauchzartem Pianissimo. Wirklich in ihrem Element ist sie aber in der virtuosen Motorik der schnellen Sätze. Gelegentlich verrutschen ihr zwar die Synkopen ein wenig, aber das fällt kaum ins Gewicht, weil sie bei ihrem Debüt bei den Philharmonikern im Dirigenten Mariss Jansons keinen ebenbürtigen Partner hat. Das Orchester bleibt dumpf im Hintergrund, umspielt nach Art des romantischen Solokonzerts demütig das Hauptinstrument, und das ist bei Schostakowitsch zu wenig. Hilary Hahn bemüht sich zwar immer wieder um Austausch mit dem Orchester, aber Jansons antwortet ihr nicht. So findet das Solokonzert nur zur Hälfte statt.

Noch schlimmer erging es zuvor Beethovens zweiter Symphonie. Es ist immer ein Warenzeichen, wenn bei Beethoven sieben Bässe eingesetzt werden, zehn Celli, acht Bratschen. Hier setzt der Dirigent auf den antiquiert romantischen Großklang. Dabei dirigiert Jansons ohne Gefühl für harmonische Strukturen oder auch nur rhythmische Formen. Gerne hätte man von den Streichern des Philharmonischen Orchesters die vertrackten Sechzehnteltriolen im ersten Satz zusammen gespielt gehört. Da dies unter Jansons offenbar nicht möglich ist, muss man wohl dankbar sein, dass andere Passagen von den sieben Bassisten so hingebungsvoll zugedeckt wurden, als hinge ihre Weihnachtszulage davon ab. Musikalische Details sind allerdings kaum auszumachen. Harmonische Spannungen und deren Auflösung am Ende eines Satzes, die Sprengkraft der Beethovenschen Kühnheiten, all das spiegelt sich bestenfalls in der Lautstärke wider. Vom Klangfarbenzauber gerade der Philharmoniker ist indes nichts zu spüren. Langweiliger als Jansons kann man Beethoven kaum dirigieren.

Zum Schluss darf das Orchester mit drei Stücken aus Prokofjews "Romeo und Julia"-Ballett noch mal richtig aufdrehen, aber auch hier will der Funke nicht wirklich überspringen.

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