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HIT Parade: Culcha Candela

Diese Woche auf Platz 1 mit: „Hamma!“

Die Album-Charts verkünden eine unbequeme Wahrheit: Auf Platz eins stehen die Amigos mit ihrer CD „Der helle Wahnsinn“. Der Titel trifft. Es ist erschütternd, dass diese doch ziemlich reifen Herren aus dem nordhessischen Hungen, deren Sound zur Eröffnung von Baumärkten oder zu Kreisparkassenjubiliäen passt, das derzeit heißeste Ding auf dem deutschen Musikmarkt sein sollen. Mit den Amigos hat der deutsche Schlager einen neuen Tiefpunkt in Sachen Sex und Glamour erreicht. Die Amigos sind nicht volkstümlich, sondern volksnah. Sie sind so durchschnittlich wie die Menschen da draußen in der Jägerzaunprovinz. Entweder hat sich das Publikum unter 60 Jahren komplett vom Plattenkaufen verabschiedet oder das Altersproblem in Deutschland verschärft sich durch rasende Frühvergreisung weiter Bevölkerungsteile.

Wenigstens in den Single-Charts zeigt die Jugend noch, wo der „Hamma“ hängt: in Berlin. Sieben Jungs mit Wurzeln in fünf Ländern, Kolumbien, Uganda, Korea, Polen und Deutschland. Sie brauchen das Wort Multikulti nicht, für sie ist das längst Realität. Genau wie ihr Mix aus Reggae, HipHop und Salsa. Und sie sind kein Casting-Unfall. Culcha Candela haben in Clubs vor ein paar Dutzend Leuten angefangen – und gerade ihr drittes Album veröffentlicht. Sie haben noch nicht den Biss, aber sie schicken sich an, in die Fußstapfen von Seeed zu treten. In Berlin gibt es haufenweise solcher Bands. Eines Tages werden Reggae, HipHop und Salsa unsere Volksmusik sein. Dann gibt es „Die lustigen Rapper“ oder den „Dreadlock-Stadl“. Okay, das ist jetzt vielleicht Wunschdenken, aber es hilft hinweg über den demografischen Schock dieser Woche. Ralph Geisenhanslüke

Ralph Geisenhanslüke

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