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Kultur: Hitler versenken

Pathos ist eine schwierige Sache. So out, dass im Zeitalter der Coolness permanent seine Rückkehr beschworen wird.

Pathos ist eine schwierige Sache. So out, dass im Zeitalter der Coolness permanent seine Rückkehr beschworen wird. Dabei gibt es echte Ehrfurcht, aber auch peinliche Pathetik. Frank Schirrmacher, „FAZ“Herausgeber, findet, dass „Der Untergang“ ein Meisterwerk ist. Pourquoi pas. Wer anderer Meinung ist und im „Untergang“ eher einen Beweis dafür sieht, dass dem Hitler-Stoff mit den Mitteln eines konventionellen Erzählkinos nicht beizukommen ist, liest seine Ausführungen umso neugieriger. Und findet hybrid orgelnde, schreiend komische Sätze: Feuilleton zum Strammstehen. Etwa die Ouvertüre, Schirrmachers Vorab-Skepsis betreffend: „Ungnädiger hat niemand einen Vorführraum betreten.“ Wie bitte? Alle Nase lang wissen Kritiker bereits, wenn der Vorhang sich hebt, dass die Aufführung nichts taugt. Und erst letzte Woche betrat Studioboss Harvey Weinstein einen Vorführraum des Filmfests Venedig und wollte den Festivalchef mit den Füßen einbetoniert in der Lagune versenken. Oder das: Produzent Bernd Eichinger sei „der erste Künstler, der sich von Hitler nichts mehr vorschreiben lässt“. Lubitsch, Brecht, Chaplin, Gerhard Richter und Anselm Kiefer: Künstler, die sich ihre Auseinandersetzung mit der NS-Zeit von Hitler vorschreiben ließen? Oder das: „Bernd Eichinger also hat geschafft, was vor ihm noch keinem gelang: Er hat Hitler ein zweites Mal erfunden.“ Wer war’s beim ersten Mal? Joachim Fest? Laut einer Umfrage finden es 69 Prozent der Deutschen okay, menschliche Züge von Hitler zu zeigen. Wenigstens die Leute wissen, dass Hitler keine Erfindung ist.

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