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Kultur: Hülle des Wohllauts

Metzmacher und das DSO mit Schumanns „Faust“

Mozart, Meyerbeer oder gar Rossini wären aus Sicht Goethes und seines ergebenen Eckermanns fähig gewesen, den „Faust“ zu vertonen – dieses kolossale, im zweiten Teil jeder Theaterlogik trotzende Drama, in dem es vor Musik nur so rauscht. Geister-, Engels- und Hexenchöre, Studenten- und Kirchenlieder, Gretchens Gesänge, das Ständchen Mephistos, die Walpurgisnacht und die Himmelfahrt von Faustens Seele: Überall rührt sich die Macht der Klänge.

Robert Schumann, der Literat unter den Komponisten, hat für seine „Szenen aus Goethes Faust“ drei Stationen aus dem Versungeheuer herausgegriffen. Gretchen und Fausts Schuld, Fausts Glück und Tod sowie Fausts Verklärung ergeben ein zweistündiges Patchwork, das unter der selbstgestellten Aufgabe ächzt, die Rettung der Seele durch den Geist der romantischen Musik zu versinnklanglichen. Ingo Metzmacher und sein Deutsches Symphonie Orchester setzen mit Schumanns „Faust-Szenen“ sowohl ihre Exkursion ins Herzland des deutschen Klangs fort als auch ihr Saisonthema „Versuchung“.

Ihr zu erliegen, ist in der Philharmonie gar nicht so leicht. Prominente Solisten, prächtige Kollektive mit dem Rundfunkchor Berlin und dem Staats- und Domchor Berlin plus ein sehr präsenter Dirigent rütteln zwar kräftig an der äußeren Hülle der „Faust-Szenen“, ihr Kern aber bleibt in nebliger Ferne. An Christian Gerhaher liegt das sicher nicht. Der feinnervige Bariton versucht alles, um der Figur des Faust poetische Wahrhaftigkeit zu schenken. Ein Stück trägt Metzmachers immer etwas erdiges Orchesterklangbild dazu bei, dass höhere Sphären an diesem Abend nur gestreift werden. Doch am meisten scheint sich Schumann selbst gefangen und mit dem Faust nicht zu seiner ganzen Stärke gefunden zu haben. Noch harrt er seiner Erlösung. Ulrich Amling

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