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Kultur: Hüttenträume

Wie der Umbau von Altbauwohnungen neue Räume schafft: eine Ausstellung in der BDA-Galerie

Fünftausend Euro und die richtige Architektin – mehr braucht es nicht, um einen Lebenstraum zu verwirklichen. Einen kleinen zumindest. „Kleine Heimat“ heißt das winzige Straßencafé in der Charlottenburger Fritschestraße 24. Klein ist das umgebaute Ladenlokal nicht zuletzt deshalb, weil seine 95 Quadratmeter nur zum geringsten Teil für den Straßenverkauf reserviert sind.

Vorne raus werden durch ein altes Schaufenster Cappuccino, Suppen und Vorarlberger Spezialitäten gereicht. Hinter einem doppelten Vorhang wohnt die Besitzerin Petra Schnauder mit ihrer siebenjährigen Tochter. „Das hier ist für meine gegenwärtige Lebenssituation ideal“, meint die Neugastronomin. Für den hinteren von drei Räumen hat ihr die Architektin Caroline Raspé eine freistehende Wandscheibe als Sichtschutz entworfen. Davor steht die Badewanne, darin verbirgt sich der Kleiderschrank, dahinter das Bett.

Die „Kleine Heimat“ ist das preisgünstigste und pfiffigste von 21 Projekten, die derzeit in der Charlottenburger BDA-Galerie vorgestellt werden. Sechzehn Berliner Architekturbüros präsentieren dort auf einheitlich gestalteten – nur leider zu kleinen – Tafeln neue Ideen zum Umbau von Berliner Altbauwohnungen. Ausgebaute Dachgeschosse sind auch dabei. Das spektakulärste stammt von Graft und hat über eine halbe Million Euro gekostet. Dafür kann der stolze Bauherr nicht nur über ganz Prenzlauer Berg schauen, sondern hat dabei auch ein paar hochelegant geschwungene neue Wände im Rücken.

Wesentlich sensibler auf den vorhandenen Bestand gehen meist die Umbauten historischer Geschosswohnungen ein. Manchmal sind es nur ein paar Gipswände, die verschoben werden müssen, oder eine Fensterbrüstung, deren Abriss aus einem dunklen „Berliner Zimmer“ einen lichtdurchfluteten Salon macht.

Eine Altbauwohnung ist der Traum vieler. In Berlin stammen sie in der Regel aus den Jahren zwischen 1871 und 1918. Was heute individuell wirkt, wurde seinerzeit von Bauspekulanten nach Musterbüchern errichtet. Repräsentation stellte man dabei über Vernunft. Grundrisse richteten sich nach Konventionen, nicht nach der Sonne. Und doch gilt gründerzeitliche Bausubstanz in ihrer bürgerlichen Spielart als unschlagbar solide.

Umbauten in Altbauten können aus dem Vollen schöpfen: Da wird das angegriffene Bild durch neubeschaffte historische Bauelemente oder das Versetzen von Türen geheilt. Oder, wie bei Thomas Krögers glamouröser Wohnung Jochum, der Mangel an natürlichem Licht effektvoll dramatisiert. Bei fast allen Umbauten hat man Raumnutzungen umdefiniert. Meist wanderten die Bäder und Küchen an andere Stellen und wurden vergrößert. Neue Einbaumöbel wie die elegant gefältelten Schränke von Projekte Engelschall Pälmke akzentuieren Sichtachsen und Raumübergänge.

Über Architekten kursiert das böse Aperçu, dass sie Neubauten entwerfen und selbst in Altbauten leben. Altbauwohnungen für andere umzubauen, verspricht allerdings auch wenig Ruhm: viel Detailarbeit, kleines Honorar. Doch dafür baut man mit – an Lebensträumen.

BDA-Galerie, Mommsenstraße 64, bis 6. 9.; Mo, Mi, Do 10–15 Uhr. Ausstellungsgespräch am 3. 9., 19 Uhr.

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