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Der Tenor Ian Bostridge.

© Ben Ealovega/Berliner Philharmoniker

Ian Bostridte: Himmelskuss

Der Tenor Ian Bostridge gastiert mit dem Pianisten Lars Vogt im Berliner Kammermusiksaal. Mit einem exquisiten Schumann-Brahms-Ives-Programm

Joseph Freiherr von Eichendorff: So kündigt Ian Bostridge den Dichter des Liedes an, das die letzte Zugabe seines Abends im Kammermusiksaal sein soll. In der Akkuratesse der Ansage schwingt eine kleine britische Selbstironie mit, denn es geht um Bekanntestes von Schumann, um die „Mondnacht“. Aus Lockerheit wird tiefer Ernst, wenn der Sänger zart, heimlich anhebt: „Es war, als hätt’ der Himmel die Erde still geküsst“, um mit der Melodie durch die sternklare Nacht zu schweben – bis in die feine Dissonanz „nach Haus“. Hier ist auch der Pianist Lars Vogt ganz bei sich im Zusammenspiel von Gesang und Bass, und ihm gehört musikalisch das letzte Wort: Pianissimo, Fazit eines gefeierten Konzerts.

Weniger vertraute Schumann-Werke im ersten Programmteil: die Liederreihe Opus 35 auf Gedichte von Justinus Kerner. Sind diese Texte aus dem schwäbischen Dichterkreis auch heute vergessen und die Vertonungen nicht die populärsten, so weiß Bostridge sie doch zum Leben zu erwecken. Das „Wanderlied“ hat bei ihm weniger vom Ton frischer Burschenherrlichkeit als reflektierenden Charakter, weil er ein Kunstlied zum Thema „Adé!“ daraus macht. Forte-Ausbrüche erlaubt sich Bostridge in Platen- und Daumer-Vertonungen von Johannes Brahms. Zwischendurch aber befindet man sich gern mit dem Sonderling Charles Ives und seinem genialen Interpreten „in the opera house“.

Das Timbre des Tenors besteht aus einer ganz eigenartigen Klangpalette von Belcanto bis zu beinahe vibratolosem Ausdruck. Ein Höhepunkt bleibt nach allem „Stirb, Lieb’ und Freud’!“ von Schumann, die traurige Geschichte einer jungen Nonne. Keiner kann sich mit derart inniger Selbstverständlichkeit wie Ian Bostridge die Wörter der Romantiker aneignen: Mägdelein, Kränzlein, Herzallerliebste mein.

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