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Kultur: Ich bin herrlich

Annette Dasch singt Bach-Kantaten.

Wenn die Akademie für Alte Musik Bach spielt, wird daraus der duftigste, federleichteste Barock seit Erfindung der historischen Aufführungspraxis. Das Ricercar aus dem „Musikalischen Opfer“ versehen die Musiker mit einem derart sämigweichen Legato, dass die sechsstimmige Fuge zur Zen-Meditation taugt. In Mozarts Bearbeitungen von Fugen aus dem „Wohltemperierten Klavier“ erfinden die Akademisten unter wechselnder Leitung der Konzertmeister Bernhard Forck und Stephan Mai mit raffiniert winzigen Rubati und tänzerischem Elan die Leichtigkeit neu, ohne je unverbindlich zu werden. Die Anmut der Oboe, die Sanftheit der Barockposaunen, die Eleganz der Streicher: Mozart öffnet für Bach ungeahnte Klangräume, ganze Zimmerfluchten voller Esprit und atmosphärischem Zauber.

Aber natürlich ist das Publikum vor allem wegen Annette Dasch und der beiden Bach-Kantaten ins Konzerthaus gekommen. „Liebster Jesu, mein Verlangen“, „Ich geh und suche mit Verlangen“, BWV 32 und 49, sind mit Versen gespickt, in denen die religiös-verzückte Seele ihren Bräutigam Jesus anhimmelt. Annette Dasch macht keinen Hehl aus der erotischen Komponente der barocken Spiritualität; herrlich, wie die im achten Monat schwangere Sängerin im Brustton der Überzeugung „Ich bin herrlich, ich bin schön“ intoniert und ihre Stimme bis in den Mikrobereich zu modulieren versteht, vom vibratolosen Säulenton über ein hauchdünnes Flimmern bis zur koketten Opernpose. Die ritterliche, etwas zurückhaltende Unterstützung von Daniel Schmutzhard – im wirklichen Leben ihr Ehemann – ist ihr gewiss. Wohlige Seufzer und Juchzer, Sopran und Bariton Hand in Hand, und bald wird ein Kind geboren: Adventsmusik vom Feinsten, Balsam für die Großstadtseele. Christiane Peitz

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