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Kultur: Ich in Serie

Kunststückchen: Brynntrups „E.K.G.Expositus“

Seit fast 30 Jahren arbeitet der Berliner Filmemacher Michael Brynntrup in fleißiger und aufopfernder Heimarbeit an seinen eigenwilligen Filmkunststückchen – und unregelmäßig, aber verlässlich kommen sie auch ins Kino. Gern werden sie ins ExperimentalGenre wegsortiert, doch der Genuss an Brynntrups verspielten Miniaturen geht weit darüber hinaus. Denn hier mag zwar alles komplex und anspielungsreich sein, hermetisch jedoch keineswegs – vorausgesetzt, man lässt sich auf die exhibitionistische Binnenwelt des Filmemachers ein. Denn Brynntrups Filme kreisen immer nur um Brynntrup selbst.

Höchst facettenreich thematisieren sie das Spektrum menschlicher Existenz und ihrer subjektiven und medialen Vermittlung – vom Tagebuch bis zum Sensenmann, der nicht nur in Brynntrups Totentanz-Zyklus durchaus humorvoll beschworen wird. Dabei wächst stetig ein Werkmosaik heran, das immer wieder auf sich selbst verweist. So sind auch Brynntrups Langfilme (den Super-8-Jesus-Monumentalfilm von 1986 einmal ausgeklammert) Kompilationen aus diesem Werk. „E.K.G. Expositus (die öffentlichen und die künstlerischen Medien)“ versammelt einige neuere Arbeiten Brynntrups in einer satirischen Rahmenhandlung. Der schwer am Kopf verletzte Filmkünstler wird auf die Intensivstation eines Neuköllner Krankenhauses gebracht. Verursacher der Katastrophe ist zu intensiver Kontakt des Künstlers mit den Medien als Objekt der Berichterstattung. Kämpferisch lautete das Motto: „Wenn das Fernsehen mich filmt, dann filme ich das Fernsehen!“

Der Blick zurück in Zorn und Verwunderung ist durchaus gelungen, denn Brynntrup entgeht fadem Selbstmitleid ebenso wie platter Medienkritik. Die Dekonstruktion besorgt der Angeklagte schon selbst. Der Reiz des Films liegt dabei in Brynntrups serieller Erzähl- und Schnittweise: Dabei laufen nichtssagende Fernsehsequenzen aus der Brynntrup-Berichterstattung in Wiederholungsschleifen zu einer bizarren Medienkür heiß. Andererseits zeigt der Film, wie sehr die visuelle Vielschichtigkeit von Brynntrups frühen handgebastelten Super 8- und 16-mm-Arbeiten in den aktuellen Videoformaten mehr konzeptuellen Reizen weichen musste. Doch dieser Verlust an ästhetischer Qualität prägt auch sonst immer häufiger die Videokunst. S.H.

Xenon; International (nur Montag, 22 Uhr)

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