zum Hauptinhalt

Kultur: Ich war ein Berliner

Nein, er hat es nicht gesagt.Nur Ulrich Eckhardt hat es in seinem Vorwort erwähnt: Ken Adam gefalle "der Potsdamer Platz" nicht, obwohl er doch vieles von einer Filmkulisse habe.

Nein, er hat es nicht gesagt.Nur Ulrich Eckhardt hat es in seinem Vorwort erwähnt: Ken Adam gefalle "der Potsdamer Platz" nicht, obwohl er doch vieles von einer Filmkulisse habe.Dabei kennt sich Adam mit der Inszenierung virtueller Realität aus: Sein fiktiver War room in Kubricks "Dr.Seltsam" erschien selbst dem alten Filmhasen Ronald Reagan als so überzeugend, daß er ihn nach seinem Einzug ins Weiße Haus sehen wollte.Und dabei dürfte sich kaum ein anderer als Ken Adam erlauben, das allseits bejubelte, neue Berliner Einkaufszentrum mit angeschlossener Büro- und Vergnügungskonfektion nicht superdufte zu finden.

Denn der 1921 geborene Ken Adam hieß einmal Klaus Adam und war ein Berliner, wie er zu Beginn seiner gestrigen "Berliner Lektion" im Renaissance-Theater betonte.Er wuchs im noblen Tiergartenviertel auf, ein Kind des Großbürgertums jüdischer Herkunft samt Landhaus, Hauslehrerin und Klavierstunden, und natürlich wurde auch Weihnachten gefeiert.Nicht nur zu den großen Namen aus Berlins damaligem Kulturleben, die Adam aufzählte, fällt einem heute wenig Vergleichbares ein.Auch auf architektonischem Gebiet sieht es nicht viel besser aus: Adams Vater Fritz, Bonvivant, Abenteurer und Besitzer eines renommierten Sportgeschäfts in der Leipziger Straße, ließ sich Ende der zwanziger Jahre von keinem geringeren als Mies van der Rohe einen hypermodernen Kaufhausneubau entwerfen.

Wenig später war es nicht nur mit solchen Plänen vorbei: Die Nazis ruinierten die Firma, 1934 flüchtete die Familie aus ökonomischer Not wie aus politischer Weitsicht nach England.Adam machte, "wie die allermeisten meiner jüdischen Schulkameraden am Französischen Gymnasium, die emigrierten", eine große Karriere.Als "Production Designer", wie er es nennt, da ihm der Begriff "Filmarchitekt" zu ungenau erscheint, zeichnete er für den visuellen Stil der wichtigsten James-Bond-Streifen ebenso verantwortlich wie für "In achtzig Tagen um die Welt" oder "Barry Lyndon".Seine Wirkung erzielt Adam dabei meist durch Stilisierung und Überhöhung der Wirklichkeit, beeinflußt vom deutschen Expressionismus.Um so gespannter darf man auf das sein, woran er zur Zeit arbeitet: Einen Film, der im Berlin zwischen den Kriegen spielen soll, und das Zentrum der großen Millenniumausstellung im Martin-Gropius-Bau.

JAN GYMPEL

Zur Startseite