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Kultur: Identität schwarz auf weiß

Geburtsjahr: 1964.Geburtsort: Berlin.

Geburtsjahr: 1964.Geburtsort: Berlin.Geschlecht: männlich.Beruf: Bankkaufmann.Familienstand: verheiratet, zwei Kinder.Vorstrafen: keine.So werden bekanntlich Identitäten in den Karteien der Behörden gelagert und bei Bedarf festgestellt.Wer dieser Mensch allerdings wirklich ist, das wird nicht verraten.Er verschwindet im Karteikasten.

Die Unzulänglichkeit dieses Sytems war der geistige Auslöser für die Entstehung des Bestätigungsinstitutes."Wir wollen versuchen Menschen dazu zu bringen, den Mund aufzumachen und zu sagen, wer sie sind", sagt Simone Simona, Gründungsmitglied des Bestätigungsinstitutes in der Torstraße in Mitte.Mark Butler, auch er ist seit der ersten Stunde vor drei Monaten dabei, hat die Idee in New York aufgegriffen, wo es eine solche Einrichtung schon länger gibt.Bisher hatten die sechs Bestätiger Klienten mit den unterschiedlichsten Wünschen.Das Spektrum reichte von der Dame, die sich bescheinigen ließ, eine anerkannte "Tuntentante" zu sein, bis zum Pärchen, das sich die Geburt ihres Kindes beglaubigen ließ - von der Zeugung bis zur Ankunft.

Amtlich beglaubigte Voraussetzungen, um diese "Beweisschreiben" geben zu können, bringt keiner der Initiatoren mit.Sie setzen vielmehr auf die subjektive Situation des Gesprächs."Dabei soll das Anliegen des Klienten im Gespräch fokusiert und auf einem Dokument verewigt werden", sagt Mark Butler.Eine solche Prozedur dauert zwischen dreißig Minuten und zwei Stunden.Manchmal ist auch eine Ortsbegehung notwendig - etwa wenn der Ordnungssinn bestätigt werden soll.In regelmäßigen Sitzungen erörtern die Bestätiger die aufgetretenen Schwierigkeiten und entwickeln so eine immer ausgefeiltere Methodik des Bestätigungsgesprächs.

Wichtig ist es vor allem, seriös zu bleiben: "Nur durch unseren Ruf erhalten unsere Bescheinigungen ihre Glaubwürdigkeit", sagt Butler.Um den guten Ruf zu erhalten, darf man nicht alles bestätigen."In manche Situationen können wir uns einfach nicht hineinversetzen", sagt Simona und ihr Kollege Butler ergänzt: "Es hängt vielfach auch von der Formulierung ab." Aus einem "Wir bestätigen, daß Herr XY dieses und jenes hat" wird dann eben ein "Wir bestätigen, daß Herr XY glaubt, dieses und jenes zu haben.Auch das ist ein Teil seiner Persönlichkeit." Schwierig werde es dann, wenn die Klienten mit der Erwartung einer psycho-sozialen Beratung kommen, "eine solche können wir nicht geben", sagt Simona.

Die Bestätiger arbeiten ehrenamtlich, "aus Idealismus, nicht weil wir nichts besseres zu tun haben", betont Simona.Sie wollen ein allgemeines Bewußtsein wecken für die starren Raster der Personenerfassung eines Systemes, das sich vollkommen vom Einzelnen abgehoben hat, und die Notwendigkeit dieses aufzuweichen.Bald ist Berlin auch nicht mehr die einzige Stadt, in der dies geschehen soll: In Köln und Hannover entstehen gerade weitere Bestätigungsinstitute, mit denen die Berliner in Kontakt sind.Als Bestätigungsbelege kann man schließlich für einen Unkostenbeitrag von 1 Mark 10 ein Bestätigungsschein, für zwei Mark ein Bestätigungsformular oder für fünf Mark eine richtige Urkunde erwerben."Wichtig ist, daß das ganze keinen kommerziellen Charakter annimmt", sagt Simona, "denn das würde dem Grundgedanken des Bestätigens widersprechen".Bestätigt.

CHRISTIAN KOFLER

Das Bestätigungsinstitut befindet sich in der Torstraße 161, Tel.28 38 61 47

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