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Kultur: Im Bett mit Myfanwy

Der Abstieg kommt schnell und schmerzvoll.Mit 19 ein Mädchen geschwängert, mit 20 geheiratet, ein Haus gekauft, zwei Kinder, Auto, Hund.

Der Abstieg kommt schnell und schmerzvoll.Mit 19 ein Mädchen geschwängert, mit 20 geheiratet, ein Haus gekauft, zwei Kinder, Auto, Hund.Mit 25 ist das Leben zu Ende.Ein Schicksal, so alltäglich wie alptraumhaft.Der irische Autor Conor McPherson, geboren 1971, verarbeitete den Absturz eines kleinen Angestellten zu einer ehrlichen, verzweifelten Lebensbeichte."Rum and Vodka", sein erstes, monologisches Drama, schildert den Verlauf eines "Lost weekend", einer sinnlosen, erbärmlichen Parforcetour von einem Alkoholexzeß zum nächsten.

Es heißt, McPherson habe seine ersten Stücke in irischen Kneipen entwickelt, in Spontan-Monologen, die zur Unterhaltung der Trinkenden vorgetragen wurden und dem Autor ein Bier und ein Abendessen sicherten.Der Auftritt des irischen Theaters "Lucid Productions" bei den Friends of Italian Opera macht dies glaubhaft.Alexander Downes braucht weder Bühnenbild noch Effekte, um seinen Bericht vom Abstieg eines Hoffnungslosen zu illustrieren.Gelassen steht er auf der schmalen Bühne, wagt den direkten Blickkontakt, spielt und trickst nicht, sondern steht und erzählt.Davon, wie der namenlose Protagonist seinen Job verlor, weil er betrunken am Arbeitsplatz erschien.Wie Frau und Kinder ihn mit häuslichen Sorgen und Lärm überfordern.Wie Freunde ihn immer stärker in den Alkohol locken, in Schulden, Scham und Schwierigkeiten.Und er schließlich in einer wilden Affäre mit einer Waliserin namens Myfanwy den Boden unter den Füßen verliert.

Der einstündige Monolog hat alles, was ein Kneipenpublikum unterhalten kann: Die luzide Schilderung von Rausch und Kater, des ewigen Kreislaufs von Pint and Stout, der endet in einem Wirbel unzusammenhängender Wahrnehmungen.Die hinreißend trockene Situationskomik eines Pechvogels, der von einer Peinlichkeit zur nächsten taumelt.Und die sympathische Nähe des Alltäglichen.Was "Rum and Vodka" darüber hinaus für deutsches Theaterpublikum interessant macht, ist, daß es als Auftakt einer Serie "Young Irish Theatre" einen Gegenentwurf zu den jüngeren Schockdramen zeigt.Das "Wunderkind des irischen Theaters" erzählt seinen Monolog in der Tradition des Neuen Britischen Films, realistisch, bitter und auf eine tapfere Art humorvoll.Beschränkt, aber wahr.

Friends of Italian Opera, bis 15.1., 20 Uhr

CHRISTINA TILMANN

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