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Kultur: Im Dickicht der Klänge

Festwochen-Portrait: Elliott Carter im Apollosaal der Berliner Staatsoper

Sein Modernitätsanspruch erscheint heute beinahe altmodisch. Die neueste Neue Musik verwöhnt uns mit transparenten Abläufen – und Elliott Carter, Jahrgang 1908, setzt dem die an Charles Ives geschulte Komplexität und Wucht seiner Strukturschichtungen entgegen. Seit dem Studium bei Nadja Boulanger in den 30er Jahren ist jedes seiner Werke handwerklich gediegen und künstlerisch hochwertig. Aus seinem vielgestaltigen Oeuvre ein Portraitkonzert zu destillieren, erscheint unmöglich. Mitglieder der Staatskapelle Berlin, Carter-erfahren durch die Uraufführung des jüngsten Einakters „What Next?“, konzentrieren sich klug auf das untypische Vokalwerk der siebziger und achtziger Jahre. Dirigent Johannes Debus führt sie umsichtig durch das verwickelte Klang-Rankenwerk, schwere Kost im akustisch immer noch diffusen Apollo-Saal. Am schwierigsten ist das wohl für Maacha Deubner: Ihr weicher Sopran dringt in den sechs Liedern „A Mirror on which to Dwell“ nicht immer durch; differenzierter, entschiedener Ausdruck ist dieser zwischen zarter Melancholie und aufgeregten Kulminationen pendelnden Figurenvielfalt schwer abzugewinnen.

Ganz andere Präsenz entwickelt Simone Schröder mit strahlkräftigem Mezzo im Poem „Syringa". Sebastian Noack steuert der ausladenden Vertonung des Orpheus-Mythos seine machtvollen Basstöne bei, Jürgen Ruck die sanften Gitarrenklänge. Was hier noch als beständiger Energieausbruch überwältigt, zeigt sich ausgesparter und kontrastreicher in der Liedfolge „In Sleep, In Thunder“ von 1982. Vor jähen Schlagzeugattacken und virtuosen Trompetengirlanden durchmisst Tenor Hubert Mayer ein auch zarte Lyrismen einschließendes Spektrum – bis hin zum letzten Ausbruch, der so scharf wie ironisch abreißt.

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