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Kultur: Im Licht

Ein Villa-Massimo-Abend im Gropius-Bau

Ein Jahr lang in der römischen Villa Massimo mit ihrem weitläufigen Garten leben – das ist das höchstdotierte Künstlerstipendium der Bundesrepublik. Jährlich erhalten zehn Künstler aus Deutschland die Chance, frei von finanziellem Druck in Italien zu arbeiten. Wenn ein Finanzminister in diesen Sparzeiten zur Vorstellung der Stipendiaten in Berlin erscheint, ist das ein Bekenntnis der Politik zur Kunst: „Wir sind ein reiches Land, wir können uns Kunst und Kultur leisten“, so Wolfgang Schäuble im Berliner MartinGropius-Bau. Kulturförderung sei nützlicher verwendetes Geld als für vieles andere. Die Villa Massimo wird jährlich mit über zwei Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt für Kultur gefördert.

In Deutschland werden die heimgekehrten Stipendiaten deshalb mit großer Neugier begutachtet, immer wieder stockt der Besucherstrom an diesem Abend im Gropius-Bau, in dem die Akademie inzwischen zum fünften Mal zu Gast ist. Was haben sie im Ausland getrieben, die Architekten, Schriftsteller, Komponisten und bildenden Künstler? Der Autor Marcel Beyer sagt in seiner Rede, er glaube, zivilisierter zurückgekehrt zu sein, und lobt die Gemeinschaft der Atelierbewohner. Kathrin Schmidt, Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2009, liest Erinnerungen aus den Achtzigern im Prenzlauer Berg vor, während hinter ihr Schwarzweiß-Bilder aus jener Zeit an die Wand projiziert werden. Der Aufenthalt in Italien scheint der Autorin den Blick von außen ermöglicht zu haben. Anders die Fotografin Heidi Specker: Sie hat sich in die Stadt begeben und wundervolle Licht- und Farbspiele auf den Straßen und spiegelnden Fassaden entdeckt.

Gleich mehrere Stipendiaten erlagen dem omnipräsenten Sakralen der Ewigen Stadt. Jana Gunstheimer dokumentiert Kirchenräume in Grafit, in denen Wunder geschehen sein sollen. Ulrike Kuschel hat eine Heiligenlegende zwischen dem Staatsratsvorsitzenden der DDR, Walter Ulbricht, und dem Abt Walter von Pontoise gestrickt. Dabei spielt sie auf den Berliner Fernsehturm und seinen Spitznamen „Sankt Walter“ an, den er wegen des ab und zu erscheinenden Lichtkreuzes auf der Kugel erhielt. Mit ihnen waren auch der Architekt Jan Liesegang sowie die Komponisten Philipp Maintz und Anno Schreier Gäste im Jubiläumsjahr der Villa. 2010 feierte die Deutsche Akademie dort ihren 100. Geburtstag. Anna Pataczek

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