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Kultur: Im Namen der Witwe

Kai Müller über den Erbfolgekrieg im Hause Karat

Auf der Beliebtheitsskala der Popkultur rangieren Witwen gleich hinter Stromausfällen. Dabei sind sie noch verheerender. Ein black out geht vorüber. Nicht so der Erbfolgekrieg jener Frauen, die an der Seite berühmter Popstars lebten und deren Werk als Familienangelegenheit hüten. Yoko Ono und Courtney Love sind immer wieder in hässliche Auseinandersetzungen mit ehemaligen Arbeitskollegen ihrer Ehemänner verstrickt. Nun eifert ihnen Susanne Dreilich nach. Die 41-jährige Witwe des vor einem Jahr gestorbenen Sängers der DDR-Rockband Karat hat den anderen Bandmitgliedern untersagt, weiter als Karat aufzutreten. Herbert Dreilich hatte den Bandnamen 1998 beim Patentamt schützen lassen. Am Donnerstag tritt die Gruppe nun in Rostock zum letzten Mal unter ihrem Namen auf und verspricht, vor 5500 Fans zu verkünden, wie man sich künftig nennen werde.

Wem gehört der Name einer Band? Die Frage hat die Gemüter oft erhitzt, weil es um mehr als die schnöde Wahrung von Markeninteressen geht. Bands sind mythische Gebilde, Treuebünden ähnlich, entstanden in dem Wissen jedes ihrer Mitglieder, dass sie es alleine nicht schaffen. Zerbricht dieses Bündnis, hebt das große Klagen an – vor Gericht. So mussten sich die Mothers of Invention in Grandmothers umbenennen, weil ihr einstiger Kopf Frank Zappa die Namensrechte für sich reklamierte.

Mehrheitsverhältnisse geben selten den Ausschlag. Fünf zu eins wie im Fall von Karat wiegen das Gewicht des Vermächtnisses nicht auf, für das die Witwe steht. Sie sei ihrem verstorbenen Mann „verpflichtet“, bekennt Susanne Dreilich, „die Dinge fortzuführen, zu denen er zu Lebzeiten nicht mehr gekommen ist“. Schade, dass sie nicht singen kann.

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