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Kultur: Im Schlafgemach Friederike Feldmanns Malerei in der Berliner Galerie Barbara Weiss

„Endlich verlässt der Hof den intimen Raum; Ludwig und Marie Antoinette bleiben zum erstenmal ehelich allein, und der Baldachin des Himmelbettes rauscht über ihnen nieder, brokatener Vorhang einer unsichtbaren Tragödie.“ Die Dauphine ist erst fünfzehn, ihr Ehemann impotent.

„Endlich verlässt der Hof den intimen Raum; Ludwig und Marie Antoinette bleiben zum erstenmal ehelich allein, und der Baldachin des Himmelbettes rauscht über ihnen nieder, brokatener Vorhang einer unsichtbaren Tragödie.“ Die Dauphine ist erst fünfzehn, ihr Ehemann impotent. „Rien“ notiert Ludwig XVI. am nächsten Morgen. Glaubt man der brillanten Biografie Stefan Zweigs, so nimmt die Tragödie Marie Antoinettes darin ihren Lauf: unsichtbar zwar, erkennbar allein in dem verschwenderischen Ornament, in dem sich die „Rokokokönigin“ zusehends einspinnt. Versailles, Trianon, Fontainebleau – zwischen den Schlössern, so Zweig, „rollt der goldene Kreisel ihrer betriebsamen Langeweile unablässig hin und her“.

Diesem beklemmenden Umfeld eine zeitgenössische Wendung verleihen zu wollen, erscheint kaum vorstellbar. Und doch gelingt Friederike Feldmann der historische Salto mit eingedrehter Schraube. Ihre Malereien verweisen auf die prachtvollen Interieurs europäischer Höfe oder genauer: auf das Vorbild einschlägiger Postkartenmotive. Das „Millionenzimmer“ in Schönbrunn taucht die Künstlerin in ein hartes Grisaille, „Charlottenburg“ verwirbelt die zahlreichen Spiegelungen in Ocker und Sepia, im Schlafgemach von „Marie Antoinette“ flirren Umrisse und Flächen dicht gedrängt (Preise von 4000 bis 9000 Euro).

Feldmann verwandelt das üppige Dekor in ein pastoses Flokati. Die Malerei selbst ist Bild, Stoff, Materie – direkt auf die Wand appliziert oder auf einen unsichtbaren Träger. Glanz und Leuchten der ganzen Pracht zelebriert Feldmann in Leerstellen, während umgekehrt die barocke Fülle im fast schon taktilen Reiz von Acrylfarbe und Silikon zerfranst. Stumpf wirken die Farben, brüchig das Ornament. Gerade so, als habe sich die „Rokokokönigin“ am Überfluss ihres eigenen Geschmacks erbrochen. Großartig sind diese Malereien – beklemmend und zugleich höchst lukullisch.

Galerie Barbara Weiss, Zimmerstr. 88–89, bis 17. Mai; Dienstag bis Sonnabend 11–18 Uhr.

Ralf Christofori

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