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Kultur: Im Weltschall

Pianistin Anna Vinnitskaya zu Gast beim RSB.

Es sind Aufführungen wie diese, die erklären, warum Klassikfans immer und immer wieder dieselben Werke hören wollen. Weil eben im Idealfall eine Art Magie zu spüren ist, wenn im Konzertsaal totes Notenmaterial zum Leben erweckt wird: vor den Augen und Ohren der Besucher, als einmaliger, unwiederbringlicher Akt. Wenn Marek Janowski und sein Rundfunk-Sinfonieorchester in der fast ausverkauften Philharmonie Robert Schumanns „Rheinische“ spielen, fasziniert vom ersten Takt die rückhaltlose Konzentration von Musikern und Maestro. Unglaublich dicht, packend präsent ist der RSB-Klang an diesem Abend.

Die Präzision in der Ausführung jeder einzelnen Stimme, die Transparenz und Trennschärfe, die Marek Janowski so wichtig sind, führen nämlich nicht zu einem pedantischen Musizieren, sondern ermöglichen es dem RSB im Gegenteil erst, eine Vitalität des Klangs zu entfalten, eine Heiterkeit, die den Hörer zugleich beglückt und fesselt. Wenn diese schwarz gewandete Gemeinschaft kollektiv im Rhythmus der Schumannschen Musik atmet, meint man förmlich, die Schallwellen über dem Podium aufsteigen zu sehen, in den weiten Tonraum hinein fassen zu können.

Für Brahms’ 1. Klavierkonzert hat Anna Vinnitskaya ein Rüschenkleid gewählt, das aussieht, als hieße sie Karenina mit Mädchennamen. Auf eine anrührend altmodische Weise „erzählt“ sie den Solopart, wie eine russische Landadlige an einem langen Winterabend vor dem Kamin, mit feinen Nuancen und einem natürlichen Sinn für weite Spannungsbögen. Eine große Rhapsodin. Die virtuosen Passagen haben Eleganz, die dramatischen Aufwallungen arten nie in Tastendonner aus. Atemberaubend schön gelingt das Adagio, eine Insel der Innigkeit, auch dank der RSB-Musiker, die hier viel mehr sind als nur noble Begleiter: nämlich aufmerksame Zuhörer. Frederik Hanssen

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