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Jungfer Husch. Luisen-Bildnis von Henriette Félicité Tassaert, nach J.F.A. Tischbein, 1796.

© SPSG, Eigentum des Hauses Hohenzollern

Im Zeichen Luises: Die Herzköniginnen

Fünf Karrieren, die ohne sie nicht denkbar wären: eine kleine Rezeptionsgeschichte zum 200. Todestag von Luise von Preußen.

Als sie am 19. Juli 1810 starb, trauerte ein ganzes Land. Dann wurde sie als Märtyrerin verherrlicht, später fast vergessen. Nun gibt es, zum heutigen 200. Todestag von Luise Auguste Wilhelmine Amalie, Herzogin zu Mecklenburg, Königin von Preußen, Luisen-Feiern, Luisen-Bücher und Luisen-Ausstellungen allerorten (siehe Kasten). Und fünf Frauen, deren Karriere ohne Luise nicht denkbar gewesen wäre.

Sissi, Königin von Österreich
Politikerinnen, so machen es Frauen wie Angela Merkel und Maggie Thatcher glauben, sind neutrale Wesen, bloß nicht zu hübsch, bloß nicht zu jung, und bitte immer die Form gewahrt. Luise hingegen, die mit 17 den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm heiratete, machte mit Schönheit und Natürlichkeit Politik, ähnlich wie Elisabeth von Bayern, die mit 15 Kaiserin von Österreich-Ungarn wurde und ein ganzes Land in Schwärmerei versetzte. Da wurde Liebreiz bewusst als Mittel eingesetzt, wenn es brenzlig wurde, etwa bei Luises Verhandlung mit Napoleon in Tilsit, oder bei Elisabeths Auftritt in Venedig. Missgunst und Gerüchte blieben nicht aus, eine Liaison mit Zar Alexander I., dem Verbündeten ihres Mannes, wurde Luise angedichtet, Sissi hingegen eine mit dem ungarischen Grafen Gyula Andrássy. Die Zeitgenossen hat es damals nicht gestört. Das Glück, sich mit einer jungen, hübschen, unbekümmerten Königin als fortschrittliches Land präsentieren zu können, war größer.

Lady Di

Auf Traumhochzeit folgt tiefer Fall. Was geschieht, wenn eine ganze Nation trauert, wenn das Land stillsteht, die Politik, ja selbst Königinnen zu stürzen drohen – das hat die Welt beim Tod von Lady Diana Spencer erlebt. An Glück und Elend ihrer Ehe und vor allem an ihrem frühen, unerwarteten Unfalltod haben Millionen Anteil genommen. Nicht umsonst wird Luise, für die August Wilhelm Schlegel den vielzitierten Adelstitel „Königin der Herzen“ prägte, gern mit ihrer unglücklichen Nachfahrin verglichen. Wie London am 6. September 1997, so verfiel auch Preußen am 19. Juli 1810 in hysterische Trauer, als Luise mit 34 Jahren in Hohenzieritz an einer Lungenentzündung starb – der Begräbniszug zurück nach Berlin wurde inszeniert wie ein Krönungszug. Und doch war Luises Tod ein Moment der innigen Stille. Friedrich Wilhelm III., kein Mann des Auftritts und des schnellen Worts, hat diesen Tag in seinen Erinnerungen geschildert. In seiner unbeholfenen Lakonie und untröstlichen Trauer ist dieser Text, wenige Stunden nach ihrem Tod entstanden, große Literatur.

Ursula van der Leyen

„Working Mum“: Mit diesem Slogan warb die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten neonbunt für die große Luisen-Ausstellung im Frühjahr in Schloss Charlottenburg. Etwas marktschreierisch und nicht unumstritten, hat die Publicity-Kampagne erstaunlich viel junges Volk in die Ausstellung gelockt. Auch wenn man sich die von vielköpfigem Hofstaat umgebene Luise nicht gerade als gestresste, alleinerziehende Mutter vorstellen muss: Den Spagat zwischen Politik und Familie hat sie erstaunlich gut hinbekommen. Hat sich Zeit genommen fürs ausführliche Frühstück mit den Kindern, für Hausaufgaben und abendliches Vorlesen, neben allen repräsentativen Staatsaufgaben. Die Rolle als liebende Mutter war eine von Luises erfolgreichsten Publicity-Strategien. Ursula van der Leyen, die sich als Bundesfamilienministerin besonders für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt hat, hätte ihre Freude dran.

Victoria, Prinzessin von Schweden
Gerade ist sie mit ihrer Traumhochzeit zur neuen Prinzessin der Herzen geworden, die Schweden-Prinzessin Victoria mit ihrem bürgerlichen Mann. Vor einer Reise soll sie ihm einen ganzen Stapel Liebesbriefe auf Vorrat geschrieben haben, eine Nacht lang, für jeden Tag der Reise einen. Auch Luise von Preußen hat bekanntlich eine Traumhochzeit hingelegt, mit einem Triumphzug durch Berlin und der herzlichen Zugewandtheit zur Bevölkerung – die Legende, dass sie gegen alle Etikette ein Kind auf der Straße hochhebt und küsst, wird gern erzählt. Und sie war eine begeisterte Briefschreiberin, besonders an ihren Mann, dem sie schon während der Verlobungszeit fast täglich berichtet. Dass sie keine Intellektuelle war – geschenkt. Aber lebhaft war sie, und lustig, und nahm kein Blatt vor den Mund, beschreibt das Leben, den Alltag am Hof besser als jeder Hofberichterstatter. In den Briefen an Geschwister und Freunde lebt sie fort, die unbekümmerte Jungfer Husch, der erst posthum das Gravitätische einer Schmerzensmadonna angedichtet wurde.

Die Autorin

Immer wieder ist sie bei uns erzählt worden, die Geschichte der Luisen-Brosche. Meine Mutter bekam sie auf einer Amerikareise geschenkt, ein Porzellanmedaillon der KPM, in Eisen gefasst, darauf das Bildnis der Königin Luise. Eine Devotionalie, wie sie vor allem das 19. Jahrhundert liebte, als aus der Preußen-Prinzessin die Mutter der Nation wurde. In Ehren gehalten wird die Brosche bei uns trotzdem, von uns Kindern bewundert, von der Mutter nur zu besonderer Gelegenheit getragen. Eine alte Dame hatte sie ihr in Ohio geschenkt, eine deutsche Emigrantin, die das Medaillon mit den Worten überreichte: „Nehmen Sie Luise wieder mit nach Deutschland zurück, hier kennt man sie nicht.“ Seitdem schlagen ein paar Herzen mehr für Luise.

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