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Kultur: Im Zorn mordet der Mann eine Rigipswand

Kein Fall für Komik: Die Neuköllner Oper versucht sich an Verdis „Macbeth“

Familie Macbeth wohnt in einem winzigen Plattenbau mit Pappwänden. Schon beim kleinsten Ehekrach wackelt die ganze Bude. Die drei geschwätzigen Nachbarinnen gehen dem überambitionierten Ehepaar mächtig auf den Senkel, und wenn Macbeth im Wahn zum Vorschlaghammer greift, hat er leichtes Spiel mit Sperrholz und Rigips. Das klingt ganz lustig, und lustig können sie an der Neuköllner Oper, das hat die Truppe oft genug bewiesen, ja auch wirklich sein. Doch diesmal machen sie mit Giuseppe Verdis „Macbeth“ auf Ernst. Dazu setzt Regisseur Ulf Otto auf die tausendfach bewährten Mittel zeitgenössischen Sprechtheaters. Hier ein bisschen Volksbühnen-Trash, da ein bisschen pantomimisch Hinzuerfundenes, mit kurzen Unterbrechungen läuft der Videobeamer. Schließlich wird das Ganze in lehrbuchhafter Treue zum Meister aus Mitte ein bisschen dekonstruiert. Doch das alles geht mehr als nur ein bisschen schief.

Nicht zuletzt, weil der Regisseur keine erkennbare Botschaft hat für dieses Stück über Macht, Skrupellosigkeit und Verblendung. Was treibt Macbeth zu seinen Morden, was hält ihn bei seiner Frau, weshalb unterwerfen sich die Anderen seine Diktatur, obwohl sie doch so durchschaubar ist? Keine Antwort von Ulf Otto, stattdessen Videobildchen von Hitler, Stalin, Saddam Hussein. Der Regisseur lässt seine Sänger vollkommen allein, und deshalb machen die, was sie am besten können: Ausdrucksvoll die Arme recken, die Hände ringen, gefährlich mit dem Küchenmesser fuchteln, dramatisch hinfallen und vor allen Dingen singen.

Heike Charlotte Päuser hat für die Lady Macbeth die nötige Größe und dramatische Wucht, Robert Rosenkranz setzt als ihr Gatte vor allem auf die schöne Linie. Mit etwas mehr rhythmischer Kontur hätte auch das Salonorchester Non Plus Ultra unter Hans-Peter Kirchberg den bemitleidenswert verunglückten Abend unterhaltsamer gestalten können. Nach britischem Theateraberglauben darf der Titel übrigens nicht ausgesprochen werden, weil das Stück alle Theatermacher in den Abgrund reißt. Dieser Fluch des also genannten scottish play wirkt offensichtlich auch in Neukölln.

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