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Kultur: Immer wieder auferstehen

Neulich, wir erinnern uns gut, ist Mick Jagger stramme 70 Jahre alt geworden, und die großen Geburtstagsblätter für ihn demonstrierten einmal mehr, dass der Rock’ n’ Roll zum bildungsbürgerlichen Kulturkanon gehört und mit so was wie Jugendkultur nichts mehr zu tun hat. Wer sich dagegen vielleicht als Allerletzter gewehrt hat, anfangs gar mit den Mitteln eines Mick Jaggers aus dessen glamouröser Rock’-n’-RollVorzeit, das war der Nirvana-Sänger Kurt Cobain, und zwar bis zu seinem Selbstmord im April 1994.

Neulich, wir erinnern uns gut, ist Mick Jagger stramme 70 Jahre alt geworden, und die großen Geburtstagsblätter für ihn demonstrierten einmal mehr, dass der Rock’ n’ Roll zum bildungsbürgerlichen Kulturkanon gehört und mit so was wie Jugendkultur nichts mehr zu tun hat. Wer sich dagegen vielleicht als Allerletzter gewehrt hat, anfangs gar mit den Mitteln eines Mick Jaggers aus dessen glamouröser Rock’-n’-RollVorzeit, das war der Nirvana-Sänger Kurt Cobain, und zwar bis zu seinem Selbstmord im April 1994.

Erfolgreich war Cobain mit seinem Aufbegehren nicht: Kanonisiert und bildungsbürgerlich eingemeindet sind Nirvana praktisch mit Cobains Tod, und an Jubiläen herrscht auch kein Mangel. Noch keine zwei Jahre ist es her, dass landauf, landab an die Veröffentlichung von Nirvanas Meisterwerk und ihren Ruhm begründendes Album „Nevermind“ erinnert und die Geschichte der Band erzählt wurde, inklusive einer 20-Jahre-„Nevermind“-Jubiläumsedition.

Wer seinerzeit aber gedacht hatte, von Nirvana erst einmal nichts mehr zu hören oder zu lesen, zumindest bis 2014 (20 Jahre Cobain tot!), wird nun eines Besseren belehrt. In ein paar Wochen erscheint eine 20-Jahre-Jubiläumsedition von Nirvanas letztem, im September 1993 veröffentlichten Album „In Utero“, natürlich mit allem Drum und Dran: Es gibt darauf insgesamt 70 remasterte, remixte, rare, unveröffentlichte und live mitgeschnittene Aufnahmen, dazu noch eine DVD mit einem Auftritt Nirvanas in ihrer Heimatstadt Seattle im Dezember 1993. Die Frage ist natürlich: Will man das alles wirklich noch mal hören? Ausgerechnet „In Utero“? Das kaputteste Album von Nirvana, das der amerikanische „Rolling Stone“ damals in bewährter Zitatpop-Manier als „Triumph des Willens“ feierte – aber mehr ein Triumph der Ratlosigkeit war; das mit seiner Rauheit und Ungeschliffenheit alle vor den Kopf stoßen sollte, von Steve Albini aber doch auf den Punkt produziert worden war, inklusive einiger süßer Melodien. Die „Nevermind“-Käufer und Nirvana-Mainstream-Hörer durften eben nicht alle vergrault werden. Hier die Lust, sich zu demontieren, dort die Ansprüche der Plattenfirma und von MTV: So klingt „In Utero“. Seinen eigentlichen letzten Willen hat Kurt Cobain dann ein paar Monate später in die Tat umgesetzt.

Wer jedoch so jung stirbt, stirbt im erinnerungswütigen Rock’ n’ Roll nie – wovon sicher auch Mick Jagger ein Liedchen zu singen weiß. 20-Jahre-oder-25-JahreJubiläumseditionen von Stones-Alben wie „Steel Wheels“ (von 1989) oder „Voodoo Lounge“ (1994) sind keine geplant.

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