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Schmuggelware. Die Bronze- and Keramikfiguren, vermutlich aus dem Irak, wurden 2005 in Jordanien sichergestellt.

© Reuters

Import von Kulturgütern: Ein Kfz-Schein für die Antike

Im Streit um die Novelle des Kulturgutschutzgesetzes fordern Archäologen eine bessere Dokumentation von importierten Objekten.

Bei der hitzigen Debatte um die Bedenken des Kunsthandels gegen das neue Kulturgutschutzgesetz fällt derzeit fast unter den Tisch, dass neben den Ausfuhr- auch die Einfuhrregelungen neu justiert werden. Stichworte: Raubgrabungen, Plünderungen, Syrien und IS.

Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), ist jedenfalls verärgert: darüber, dass der Bericht der Bundesregierung über die Renovierungsbedürftigkeit des Gesetzes seit über zwei Jahren vorliegt, dass es zahlreiche Anhörungen der Fachverbände gab (was die Behörde der Kulturstaatsministerin auf Nachfrage bestätigt) – und dass von den Kunsthändlern jetzt Stimmung gemacht wird, „um mit marktschreierischen Mitteln auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss zu nehmen“. Auch mit einem Satz, wie der Vorsitzende des Galeristen- und Kunsthändler-Verbandes ihn kürzlich im „Morgenpost“-Interview sagte: „Ein Gesetz“, so Kristian Jarmuschek, „kann doch einen ohnehin illegalen Markt nicht regulieren“.

Fless fürchtet, dass der Zoff um die Ausfuhr die weitgehend unstrittigen Einfuhrregelungen in Mitleidenschaft zieht. „Natürlich regulieren Gesetze nicht einen illegalen Markt – sie bekämpfen ihn.“ Wie bei Drogen oder Waffen müsse klar geregelt werden, was legal und was Hehlerware ist. „Antike Objekte brauchen so etwas wie einen Kfz-Brief, der ihre Herkunft dokumentiert. In Griechenland muss jede private Antikensammlung registriert, jeder Kauf und Verkauf gemeldet werden. So weit gehen wir hier nicht. Wir möchten nur, dass der Kunsthandel, seinem eigenen Ehrenkodex folgend, daran arbeitet, für die Objekte so etwas wie einen Stammbaum zu erstellen.“ Wichtig sei zudem eine klare Herkunftsbezeichnung des betreffenden Nationalstaats in seinen heutigen Grenzen. „Dort sollte ,Irak‘ stehen und nicht ,Mesopotamien‘, wie meist bisher“, so Fless.

Auch bei der Einfuhr von Objekten soll geregelt werden, was legal ist

Fless zufolge war in den Anhörungen bislang unstrittig, dass das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter nicht ausschlaggebend sein kann. Die Himmelsscheibe von Nebra etwa konnte auf keiner Liste stehen, da ihre Existenz vor dem Fund gar nicht bekannt war. Der Fall – die Scheibe war von Raubgräbern in Sachsen-Anhalt gefunden und von Hehlern in die Schweiz verkauft worden, wo sie 2002 sichergestellt wurde – macht zudem deutlich, warum Ein- und Ausfuhr im gleichen Gesetz geregelt werden müssen.

Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts
Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts.

© Deutsches Archäologisches Institut

Auch Hermann Parzinger zeigt sich erstaunt über Jarmuscheks grundsätzliche Infragestellung der Novelle. Ein Gesetz werde nicht jedes illegale Handeln verhindern, doch „selbstverständlich braucht es staatlich geregelte Rahmenbedingungen“, so der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Bisher könnten illegal aus ihren Herkunftsländern ausgeführte archäologische Objekte „nahezu grenzenlos“ in Deutschland vertrieben werden. Das erschwere die Bewahrung des „gefährdeten kulturellen Erbes der Menschheit“, ebenso die Restitution seitens der Bundesregierung. Den Schwarzmarkthandel zu unterbinden, „kann doch eigentlich auch nur im Interesse eines seriösen Kunsthandels sein“, so der Archäologe, der das DAI bis 2008 geleitet hatte.

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