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In Buchform: Von Neukölln zum Hindukusch Kurt Krömer zu Besuch in Afghanistan

Muss das sein? Muss Late-Night- Comedy-Star Kurt Krömer nach Afghanistan fliegen – und ein Buch darüber schreiben?

Von Michael Schmidt

Muss das sein? Muss Late-Night- Comedy-Star Kurt Krömer nach Afghanistan fliegen – und ein Buch darüber schreiben? „Was mache ich hier eigentlich?“, fragt sich der 38-Jährige selbst mehr als einmal. Niemand habe ihm einen Auftrag erteilt, zudem sei er „Komiker und kein Journalist“. Mit anderen Worten: Nein, musste er nicht. Aber geschadet hat es auch nicht.

Zwar kann der Komiker aus Neukölln das Kalauern nicht lassen. Da geht dann schon mal die Sonne in Usbekistan „schneller unter als die FDP in Deutschland“. Doch selbst wenn der Mann mit seiner Berliner Schnauze auch am Hindukusch nicht aus seiner Haut kann – für seinen unverstellten, ja unbedarften Blick, für seine neugierige Selbst- und Weltbetrachtung, sein Verstehenwollen, seine Beobachtungen möchte man dem Grimme-Preisträger danken.

„Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will“ ist keine politische Analyse, sondern ein erfahrungssatter Bericht. Und Krömer ist kein Experte, gibt auch nicht vor es zu sein, sondern ein Stellvertreter all jener, die da eben nicht hinwollen. Krömer ist Auge und Ohr in einem Land, dem er skeptisch aufmerksam begegnet. Ein Land, in dem deutsche Soldaten sich dann auf den Straßen sicher fühlen, wenn diese „von afghanischen Drogenbaronen benutzt werden, um ihr Heroin zu exportieren“. Ein Land, in dem es, wie Krömer vermutet, jenseits der dicken Mauern und des Stacheldrahts der Feldlager doch so etwas wie afghanischen Alltag gibt.

Zweimal hat er Afghanistan besucht. Zuerst begleitet von seinem Fernsehteam als Stargast der Bundeswehr bei den deutschen Isaf-Truppen. Ein zweites Mal auf eigene Faust, um den zivilen Teil Afghanistans zu erleben, die Normalität in einem Land, in dem Terror und Gewalt seit Jahrzehnten Alltag sind.

Ergänzt, aufgelockert durch eine zweite Perspektive und in einen größeren Zusammenhang gestellt wird Krömers Bericht durch Ausschnitte der Reportage „Zum Schießen“ des „Zeit“-Journalisten Peter Kümmel. Die beiden liefern ein Puzzleteil, das mit anderen ein zunehmend ganzes Bild ergibt: zusammen mit Büchern wie das des Soldaten Johannes Clair („Vier Tage im November“) oder des Journalisten Sebastian Christ („Das Knurren der Panzer im Frühling“). Es ist das Bild von dem, was am Hindukusch vor sich geht – wie deutsche Soldaten leben, schießen, töten – und auch davon, dass ihre Partner, Kinder, Eltern und Freunde sie kaum wiedererkennen, wenn sie verändert zurückkehren.

Im besten Falle fungiert der Comedian Krömer als Türöffner, der einem ansonsten an Afghanistan und Isaf-Mission desinteressierten Milieu etwas zu erzählen hat. Dann hätte sich sein Trip gelohnt. Michael Schmidt

Kurt Krömer: Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will. Zu Besuch in Afghanistan. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013. 192 Seiten, 9,99 Euro.

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