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In der Bar mit Friedrich Liechtenstein: Es muss halt kesseln

"Supergeil"-Künstler Friedrich Liechtenstein hängt gern in der Berliner Stammkneipe unseres Autoren ab. Joachim Bessing stand auch an der Bar und irgendwann haben sich alle ganz fest gedrückt. Unsere Ausgehen-Kolumne.

Ob der Mann mit dem gepflegten weißen Vollbart mich damals in der Drei-Bar verwechselt hat? Womöglich mit dem Schauspieler Devid Striesow, was mir seit einigen Jahren seltsamerweise manchmal passiert. Jedenfalls nickte er mir zu und sprach mich an, so nach dem Motto „Auch hier?“, „Wie geht es denn so?“ und „Was treibst du?“. Was mich doch etwas verblüffte: Woher kenne ich diesen Mann? Kenne ich ihn überhaupt? Und ist das nicht Friedrich Liechtenstein, der „Supergeil“-Künstler und „Supergeil“-Musiker? (Was mir dann ein Bekannter, der in einer anderen Ecke des Ladens stand, nicht hundertprozentig bestätigen konnte: „Könnte sein, bin mir nicht sicher.“) Und wenn er einen nicht verwechselt hat: Quatscht Liechtenstein immer irgendwelche Leute an?

Ein paar Wochen später sind wir uns dann wiederbegegnet. Wieder im Drei, ist schließlich Liechtensteins Hometurf: Torstraße, Volksbühne etc., da liegt es nahe, dass er hier öfter hergeht. Und wieder hinten in der Ecke, wo die Barkräfte emsig wirken und in der Regel die angesichts der Medienkrise gern mal ratlosen, aber immer sehr tapferen Pop- und Kulturjournalisten stehen.

Mit Friedrich Liechtenstein und Joachim Bessing in der Bar

Dieses Mal wurden wir uns vorgestellt, von einem befreundeten Literaturkritiker, der schon mal ein großes Liechtenstein-Begeisterungsstück in seiner Zeitung geschrieben hat. Kein Zeichen des Wiedererkennens jedoch bei Liechtenstein. Mein Name und Gesicht sagten ihm auch nichts, von wegen Striesow, aber das Geplaudere gestaltete sich doch anders, selbst unter noch schwereren Bedingungen.  Es war spät und unwahrscheinlich laut. Trotzdem, ein supernetter Mann, dieser Friedrich Liechtenstein, einer mit Sendungsbewusstsein, ein Profi, der gleich eine neue CD in seiner Tasche hatte und diese dem Kollegen feierlich überreichte.

Liechtenstein stand im Übrigen nicht allein da, sondern mit dem Co-Autor seiner Biografie „Super“, dem Journalisten und Schriftsteller Joachim Bessing. Und der, erinnerte ich mich sofort, hatte mir schon einmal bewusst den Handschlag verweigert, nachdem wir uns vorgestellt worden waren, und, so meine ich, mich sogar beschimpft. An diesem Abend war alles anders: Bessing gab brav die Hand, umarmte mich später gar überschwänglich. Ob das an dem smarten, supernetten Herrn Liechtenstein lag? Kaum.

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Schriftsteller haben Elefantengedächtnisse

Vielmehr wohl daran, dass mir Bessings letzter, 2013 veröffentlichter Roman „Untitled“ gut gefallen hatte, im Gegensatz zu seinem Debüt „Wir-Maschine“, das schon 2001 erschien. Aber Schriftsteller haben halt Elefantengedächtnisse, siehe Grass, siehe Walser, sind bei entsprechendem Lob aber auch wunderbar flexibel. Es wurde jedenfalls ein immer schönerer Abend, und wir unterhielten uns schließlich über die in den Feuilletons nachrückende Jugend und über den neuen Feminismus. Und auf meine Frage an den Literaturkritikerkollegen, warum er sich denn auf einmal so für den Feminismus interessiere, antwortete er mit der schönsten Formulierung des Abends: „Es muss halt kesseln.“

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