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Kultur: In eigener Hand

Doku aus Argentinien: Naomi Kleins „The Take“

In der alten Fabrikhalle nisten Tauben, die Maschinen gammeln der Verschrottung entgegen. Offenbar gehen die „Forja“-Werke in Buenos Aires den Weg aller irdischen Spekulationsmasse. Doch während der potenzielle Käufer schon seine Inspektionsrunden dreht, regt sich Protest: Die entlassenen Arbeiter der Autoteilefabrik wollen die Produktion in die eigene Hand nehmen. Auch in Argentinien stehen solchem Ansinnen das Eigentumsrecht und Seilschaften aus Unternehmerschaft, Justiz und Politik entgegen. Doch nach der Krise der neunziger Jahre weht frischer Wind durchs Land. Die Fabrikbesetzungen sind nur Teil eines weitreichenderen Projekts, sich ökonomisch zu vernetzen.

Zweihundert solcher „Betriebe in Selbstverwaltung“ soll es jetzt in Argentinien geben – das Schicksal der Textilarbeiterinnen von „Brukman“ oder der „Zanon“-Belegschaft führte zu Solidaritätsaktionen weltweit. In den Medien Europas und Nordamerikas ist von diesen Ansätzen zur Arbeiterselbstverwaltung wenig zu hören. Dabei ist die Bewegung jeglicher Ideologie unverdächtig und auf direkte Demokratie ausgerichtet. Dass mit der Absage an den Profit neue Maßstäbe gesetzt werden, ist eine andere Sache.

Gut, dass jetzt ein Film von diesen Kämpfen erzählt. Weniger erfreulich, dass mit der NGO-Aktivistin Naomi Klein („No Logo!“) und ihrem Ehemann, dem kanadischen Fernsehmann Avi Lewis, ausgerechnet zwei vom plakativen amerikanischen TV-Journalismus geprägte Autoren für das Projekt verantwortlich sind. So prunkt „The Take – Die Übernahme“ in Kommentar, Musik und Bildsprache mit greller Vorschuldidaktik und einer Dramaturgie, die den Kampf der „Forja“-Belegschaft bloß spielfilmtauglich machen will. Zu hoffen wäre, dass demnächst auch sensiblere Filme zum Thema – etwa Dario Dorias „Grissinopoli“ oder Fernando Solanas „The Dignities of the Nobodies“ – ins Kino finden.

In Berlin in den Kinos Broadway und Filmtheater am Friedrichshain

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