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Ingmar Bergman: Der besondere Augenblick

Wenders, Truffaut, Godard: Zum Werk von Ingmar Bergman.

Bergman über Bergman:

Man darf auch nicht vergessen, was vielleicht das Wichtigste ist, was nur dem Kino eigen ist: die Möglichkeit, das menschliche Gesicht zu zeigen, das lebendige und sprechende menschliche Gesicht. Das heißt, man sieht eine Person, und sie schaut dich an, sie spricht eindringlich zu dir von der Leinwand herab und berührt unmittelbar deine Gefühle. Darin steckt eine fantastische Illusion. In meiner aktiven Zeit als Regisseur überlegte ich, ob ich nicht einmal einen Film machen soll, der aus einer einzigen Großaufnahme besteht. Also zwei Stunden lang eine Großaufnahme.

Karin Akerblom, Bergmans Mutter über Bergman:

Unser Sohn wurde am Sonntagmorgen, den 14. Juli geboren. Er bekam sofort hohes Fieber und schweren Durchfall. Er sieht aus wie ein kleines Knochengerippe und hat eine große, feuerrote Nase. Er weigert sich hartnäckig, die Augen zu öffnen. Nach einigen Tagen hatte ich wegen meiner Krankheit keine Milch mehr. Da erhielt er hier im Krankenhaus die Nottaufe. Er heißt Ernst Ingmar.

Jean-Luc Godard über Bergman:

Ingmar Bergman ist der Filmemacher der besonderen Augenblicke. Seine Filme sind aus den Reflexionen seiner Hauptfiguren über die Gegenwart gestaltet und erhalten größere Tiefe dadurch, dass die Zeit aufgesplittert wird – nach Proust’scher Manier, nur stärker, eindringlicher, als ob er Proust mit Joyce und Rousseau zusammengenommen multipliziert hätte (...). Ein Bergman-Film ist sozusagen eine auf anderthalb Stunden gebrachte und ausgedehnte Vierundzwanzigstelsekunde. Er ist die Welt in einen Lidschlag eingeschlossen, die Traurigkeit zwischen zwei Herzschläge gepresst, die Freude, die zwischen einem Händeklatschen lebt.

François Truffaut über Bergman:

Sie heißen Maj-Britt Nilsson, Harriet Andersson, Eva Dahlbeck, Gunnel Lindblom, Ingrid Thulin, Bibi Andersson, Liv Ullmann, und sie sind keine Nymphchen und keine Mäuschen und keine Superweiber, sondern Frauen, wirkliche Frauen. Den Blick dieser Frauen, der in der Härte oder im Leiden intensiver wird, filmt Bergman, und daraus ergeben sich bewundernswerte Filme, die einfachsten der Welt – aber ist das Einfache wirklich einfach für jeden?

Wim Wenders über Bergman:

Seine Filme stehen für sich selbst, als mächtige Leuchttürme in der Filmgeschichte.(...) Wir haben in Bergmans Filmen „uns selbst“ gesehen, aber eben nicht „wie in einem Spiegel“, nein, viel schöner, „wie in einem Film“, über uns.

Woody Allen über Bergman:

Auf der einen Ebene haben wir das Gros der Filmemacher, das die Öffentlichkeit Jahr für Jahr mit guter, solider Unterhaltung beliefert. Darüber stehen jene Künstler, deren Filme tiefer, persönlicher, origineller und aufregender sind. Und schließlich ist da ganz oben noch Ingmar Bergman, wahrscheinlich der größte Regisseur seit Erfindung der Filmkamera.

Schwiegersohn Henning Mankell über Bergman:

Es gab eine unglaubliche Kreativität in ihm. Er hat vor allem durch seiner filmische Bildersprache sehr, sehr viele Dinge revolutioniert und eine völlig neue Kammermusik des Films geschaffen. (dpa)

Zitate aus: Gaukler im Grenzland. Henschel Verlag, Berlin 1993; François Truffaut, Die Filme meines Lebens, dtv 1979

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