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Kultur: Innenweltreisen

Eun Nim Ros Fabelfiguren in der Galerie Dietrich.

Auf den ersten Blick muten die Bilder von Eun Nim Ro in der Galerie Horst Dietrich wie von Kinderhand gemalt an. Ihr unvergleichlicher Charme entsteht genau dadurch, denn die Kunst der Südkoreanerin liegt darin, sich von allen Zwängen und Konventionen der Erwachsenenwelt frei zu machen. Ihr intuitiver Stil vereint die unterschiedlichen Welten Ost und West. Schwarz-weiße Pinselstriche erinnern an Kalligrafie, das Gesamtbild aber an expressive westliche Kunst. Die zwei Kulturen bringt die Künstlerin heute zwar wie selbstverständlich zusammen, doch als sie 1970 in Deutschland mit der westlichen Welt konfrontiert wurde, durchlitt sie einen Kulturschock. Die Malerei entwickelte sie zum Mittel, um in Deutschland einen Ausdruck für sich zu finden: „Wenn ich male, mache ich eine Reise nach innen: Da treffen sich Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.“

Die zahlreichen Einzelausstellungen in Japan oder Südkorea ebenso wie in New York oder Malmö zeigen, dass sie in beiden Kulturen gleichermaßen gewürdigt wie verstanden wird. Frei von der kontrollierenden Rationalität der Erwachsenen, trägt Eun Nim Ro mit schnellem, dickem Duktus die Farbe auf Maulbeerbaum- und Reispapier auf. Aus diesem Malprozess entstehen Wesen, die zugleich Tier, Mensch und Pflanze sind. Die Motive entnimmt sie südkoreanischen Märchen und Mythologien. Pinguine, gelbe Schuhe, Blattläufer und die Suche nach einem verlorenen Fisch sind in der Ausstellung „Ich bin ein Wanderer“ zu sehen. Ihre kindliche Unvoreingenommenheit lässt einen selbst mit neugierigem, staunendem und liebevollem Blick auf ihre Werke und ihre Welt schauen. Friederike Höll

Galerie Horst Dietrich, Giesebrechtstr. 19; bis 13. Juli, Sa 11–15 Uhr, danach bis 27. Juli nach Vereinbarung.

Friederike Höll

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