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Ein Mann, ein Wort. Ioan Holender während der Abschiedsgala in der Staatsoper. Foto: dpa

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Ioan Holender: Ich habe entschieden!

Nach 19 Jahren verlässt Ioan Holender die Wiener Staatsoper. Eine Demokratie war gab es nach eigener Aussage unter ihm nicht. Am Sonnabend feierte man zum Abschied eine Gala.

In den vergangenen Wochen herrschte Hektik im Wiener Haus am Ring. Die letzte große Premiere der aktuellen Saison stand mit Richard Wagners „Tannhäuser“ auf dem Programm – als letzte Premiere unter Ioan Holender, jenes Staatsoperndirektors, der mit 19 Jahren Amtszeit der dienstälteste Chef ist, den das Haus je hatte.

Der Erfolg des „Tannhäuser“ blieb dann allerdings aus: Die musikalisch hervorragende Leistung von Dirigent Franz Welser-Möst konnte die Kritik an Claus Guths Inszenierung nicht mildern, einheimische Medien watschten die Produktion gar als „szenisches Rätselspiel“ ab.

Daneben hatte das Staatsopernteam einen weit aufwändigeren Abend zu bewerkstelligen: die Vorbereitungen zur Verabschiedung ihres „Herrn Direktor“. Die Agenden übervoll, Abschlusspressekonferenz, Abschiedsmatinee – und eine „Musikalische Rückschau der Direktion Holender 1991 – 2010“. Spätestens mit dieser Gala, an der über 50 Opernstars beteiligt waren – darunter Placido Domingo und Anna Netrebko – , hat die Welt begriffen, dass der 74-Jährige geht.

„Holis“ Karriere ist eine Mischung aus Glück und Talent – zudem ist er ein Allrounder, wie er im Buche steht. Vom Maschinenbaustudenten zum Tennistrainer und Regieassistenten, vom Opernbariton bis zum bedeutenden Opernagenten der 70er und 80er Jahre – trotz existenzbedrohender Jahre in seiner Heimat Rumänien waren die Musen ihm hold. Als ihn 1988 der damalige Staatsopernchef Eberhard Waechter zum Generalsekretär ernannte, war dies die Ouvertüre zu einer langen und immer wieder heiß umstrittenen Amtszeit.

„Dass man in meiner Position sehr viele Antipathien sammelt, ist selbstverständlich“, bekräftigte Ioan Holender jüngst bei der Abschiedsmatinee. „Ein Opernhaus ist kein Ort der Gerechtigkeit und der Demokratie. Ich habe entschieden.“ In der Tat: ein Mann, ein Wort. Die Schar der Sänger, welche er im Laufe der Jahre aus diversen Gründen abgewiesen hat, ist nicht gerade klein.

Doch zur Abschiedsgala am Sonnabend kamen all jene, die ihm viel verdanken; jene, welche mit ihm erquicklich zusammenarbeiteten, und jene, die stets treue Weggefährten des Operndirektors waren. Ob Waltraud Meier, Zubin Mehta, Barbara Frittoli, Violetta Urmana, Peter Schneider, Natalie Dessay, Leo Nucci, Diana Damrau, Siegfried Jerusalem, Thomas Hampson oder eben Netrebko und Domingo – die Namensliste ist lang. Kein Wunder, nachdem sich über die Jahre 82 Opernpremieren summiert haben.

Was bleibt nach dem von Holender selbst moderierten Abschiedsmarathon? Zum einen dessen persönlicher Wunsch, am letzten Junitag den in Wien normalerweise nur zu Ostern gespielten „Parsifal“ auf den Spielplan zu setzen. Zum anderen eine edle Spende: Alle Künstler traten unentgeltlich auf, der Erlös des Abends geht an Kinder in Moldawien. Und drittens die Erkenntnis, dass Holender als einer in Erinnerung bleibt, der es perfekt verstand, Opernproduktionen mit vorgeschriebenen Budgets, aber vorzüglichen Besetzungen zu realisieren – mit dem Ergebnis, dass seinem Nachfolger Dominique Meyr ein Zusatzbudget von 11,8 Millionen als Morgengabe winkt.

„Ich kam gern und ich gehe gern“, sagt Ioan Holender gerne. Dass er dennoch nicht in den Ruhestand geht, darauf verweist seine bei Zsolnay erschienene Autobiografie. Sie trägt den Titel: „Ich bin noch nicht fertig“.

Sven Koblischek

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