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© Cinetext

Iran: Der verbotene Blick

Der iranische Regisseur Jafar Panahi, die preisgekrönte Filme über Frauen im Iran gedreht hat und zuletzt an einer Dokumentation über die Proteste der Grünen Bewegung arbeitete, ist weiter in Haft.

Am Mittwochabend waren 15 der insgesamt 18 am letzten Montag Festgenommenen wieder auf freien Fuß gesetzt worden, darunter Panahis Frau und Tochter sowie Regiekollegen und Freunde aus der Filmszene. Neben dem Regisseur sind jedoch zwei weitere Filmschaffende weiter in Gewahrsam, ohne Angabe von Gründen.

Einer davon ist der Filmemacher Mohammed Rasoulof, der auf dem Festival von San Sebastian 2009 „The White Meadows“ zeigte – mit ausgetrockneten weißen Salzseen als filmischer Metapher für das Leid in Iran. Jafar Panahi arbeitete als Cutter mit. Der andere ist Mehdi Pourmoussa, Regieassistent von Rafi Pitts bei dessen diesjährigem Berlinale-Wettbewerbsfilm „Zeit des Zorns“. Auch Pitts’ Film setzt sich kritisch mit der aktuellen politischen Situation im Iran auseinander (deutscher Filmstart: 8. April). Rafi Pitts, der zurzeit in Paris lebt, ist nun in großer Sorge um seinen jungen Kollegen.

Der 49-jährige Jafar Panahi hatte zuletzt 2005 mit offizieller Genehmigung in Iran drehen können: „Offside“, der auf der Berlinale 2006 einen Silbernen Bären gewann, handelt von einem Mädchen, das im Teheraner Fußballstadion ein Länderspiel sehen will und sich deshalb als Junge verkleidet. Sie wird bei den Eingangskontrollen ertappt und mit anderen weiblichen Fans vor den Toren des Stadions festgehalten – zum Ärger der Polizisten. Da sie wegen ihrer Aufsichtspflicht ebenfalls das Spiel verpassen, entwickelt sich aus der gemeinsamen Fußballleidenschaft eine tragikomische Komplizenschaft – die sich im Freudentaumel über den Sieg der Nationalelf zum Happy-End auflöst.

Auch Panahis frühere Filme erzählen von Frauen. In „Der Kreis“ (Goldener Löwe, Venedig 2000) verwebt der Regisseur sieben Frauenschicksale in einer von Männern dominierten Gesellschaft. Frauen im Gefängnis, Frauen, die sich prostituieren müssen, eine Frau, die abtreiben möchte, eine, die ein Mädchen auf die Welt bringt – statt eines Sohns. Momentaufnahmen der Unfreiheit: Die Aufführung des Films war im Iran verboten.

In „Der Spiegel“ (Goldener Leopard, Locarno 1997) erwischt eine Sechsjährige den falschen Bus und verirrt sich im Verkehrschaos von Teheran: eine kleine Gestalt, die stört, die man wegschubst und vergisst – bis die siebenjährige Darstellerin protestiert. Sie sei nicht so dumm, was die Zuschauer wohl von ihr denken würden. Sie verlässt das Filmteam, spielt nicht mehr mit und macht sich tatsächlich allein auf den Heimweg, während die Crew sie ständig aus den Augen verliert. Frauen, die aus der Rolle fallen – und die Kamera versucht, Schritt mit ihnen zu halten: Der Regisseur dieser Bilder sitzt im Gefängnis. Christiane Peitz

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