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Jutta Winkelmann ist im Alter von 68 Jahren verstorben.

© Marcus Brandt/dpa

It-Girl der 68er-Bewegung: Jutta Winkelmann ist verstorben

Im Alter von 68 Jahren ist Jutta Winkelmann verstorben. Die Hippie-Ikone litt an Krebs.

Der letzte Eintrag in ihrem Blog ist ein „no haiku“: „lange werde ich hier nicht mehr sein / möglich, sagt mein gott / wahrscheinlich, denke ich“, lauten die ersten drei Zeilen. Jutta Winkelmann hat ein öffentliches Leben geführt, sie ist auch öffentlich gestorben. 2014 gab sie bekannt, dass sie an Knochenkrebs erkrankt war. Das Buch, das sie über ihren Kampf gegen den Krebs schrieb, heißt „Mein Leben ohne mich“. In ihrem Blog mischten sich Resignation und Wut.

„Nachts starke Angstgefühle, verbunden mit der kalten Furcht, mit der Entscheidung für Chemo die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Fuck it!“, heißt es da. Oder, noch schonungsloser: „Ich kann wie eine Hundertjährige aufs Klo schleichen, angeklammert an diverse Bett und Türkanten – wobei ich mir meist noch in die Hose pisse, weil inkontinent noch ein sehr potenter Ausdruck dafür wäre, was nicht mehr ist. Nokontinent oder Impertinent passt.“ Am Donnerstag ist Jutta Winkelmann in München gestorben. Sie wurde 68 Jahre alt.

Dreamteam mit Schwester Gisela Getty

Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Gisela Getty bildete Jutta Winkelmann das It-Girl-Paar der deutschen 68er Bewegung. Wobei es ihr mehr darum ging, sich selber als die Gesellschaft zu verändern. Statt zu Adorno fand sie zu Buddha. 1949 in Kassel geboren, gründete sie nach einem Studium an der Münchner Filmhochschule mit dem Regisseur Adolf Winkelmann, ihrem zeitweiligen Ehemann, das Kasseler Filmkollektiv. Sie spielte in Alexander Kluges Filmsatire „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod“, zog mit ihrer Schwester nach Rom und Los Angeles und schloss sich, wiederum mit der Schwester, dem „Harem“ des APO-Stars Rainer Langhans an.

Freiheit statt Karriere

Statt fürs Kino entschieden sich die Zwillinge fürs Leben, „das war noch fantastischer“. Der italienische Produzent Carlo Ponti bot ihnen einen Fünfjahresvertrag an. „Wir haben uns draußen gefragt: Wollen wir das?“, erzählte Winkelmann in einem Interview. „Das hörte sich an wie fünf Jahre Gefängnis.“ Sie lehnten ab. Noch eine Anekdote: Federico Fellini hatte die „Zwillinge aus Deutschland“ für einen Film gecastet. Die Rollen bekamen sie nicht, weil sie kein Telefon besaßen. Was ihnen aber egal war. Karriere wollten sie keine. Bloß ihre Freiheit. Jutta Winkelmanns wollte ein Leben führen, das so spannend war, das sie am Ende ein Buch darüber schreiben konnte. Das ist ihr gelungen. Ihre mit Gisela Getty geschriebene Doppelautobiografie „Die Zwillinge oder Vom Versuch, Geld und Geist zu küssen“ kam 2008 heraus. Mit ihrem Krebsbuch wollte sie dann „den Geist bannen, der in mir raste“. Nicht bloß Opfer sein, sondern auch Kommentatorin.

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