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Lebt im Augenblick! J. Cole stammt aus North Carolina. Sein aktuelles Album „Four Your Eyez Only" ist seine vierte Platinplatte in Folge.

© Kevin Winter/Getty Images/AFP

J. Cole in Berlin: Der Mandelmilchmann

Der amerikanische Hip-Hop-Star J. Cole gibt in der Berliner Columbiahalle den netten Rapper.

J. Cole wollte einfach nur in Ruhe sein nächstes Album produzieren. Dafür mietete der erfolgreiche Rapper ein Haus in einem gut situierten Vorort in North Carolina. Produzenten und andere Hip-Hop-Künstler, hauptsächlich Afroamerikaner, gingen dort täglich ein und aus und machten gemeinsam Musik - bis eines Tages ein schwer bewaffnetes SWAT-Team die Villa stürmte. Besorgte Nachbarn hatten die Polizei gerufen und Cole und seine Kollegen verdächtigt, im großen Stil Drogen zu verkaufen.

Diese Erfahrung hat Cole in seinem Song „Neighbors“ verarbeitet. „Some things you can't escape / Death, taxes, and a racist society“, rappt er dort und erzählt von der Unsicherheit, als schwarzer Mann im Territorium von Weißen zu leben. Der Track ist einer der stärksten auf J. Coles neuem Album „4 Your Eyez Only“ und liefert auch den beeindruckendsten Moment seines ausverkauften Auftritts am Freitagabend in der Berliner Columbiahalle. Cole zeigt seinen Fans dort das Video des Einsatzes – wie die Polizisten seine Überwachungskameras demolieren und Türen eintreten.

Die Diskriminierung und Kriminalisierung von Afroamerikanern gehörten schon immer zu J. Coles Themen. Folgerichtig ist das Bühnenbild seines Konzertes einem Gefängnis nachempfunden, mitsamt Boxsack und Warnschildern. Hinter Gitterfenstern versteckt, sitzen die Band, DJs und Backgroundsängerinnen, der Rapper kommt im orangenen Jumpsuit auf die Bühne. Dabei hatte J. Cole selbst nie Probleme mit dem Gesetz, er gilt als Normalo unter den Hip-Hop-Stars. Im unspektakulären Fayetteville, North Carolina, ging er brav zur Schule, schrieb gute Noten und schaffte es auf die St. John’s University in New York.

Er ist der Normalo unter den Erfolgsrappern

Doch sein eigentlicher Traum war es immer, Rapper zu werden. Drei Stunden lang wartet er einmal vor dem Gebäude von Jay-Zs Label in New York, um ihn seine Beats vorzuführen – vergeblich. Cole macht unbeirrt weiter, gründet selbst ein Label und veröffentlicht ein Mixtape. Eines Tages kommt dann der ersehnte Anruf: Jay-Z hat seine Musik gehört und will ihn unter Vertrag nehmen. Mit seinem Debütalbum „Cole World“ schafft es J. Cole 2011 auf Platz eins der US-Charts. Seitdem jagt ein Erfolg den nächsten, „4 Your Eyez Only“ ist sein viertes Platinalbum in Folge.

Coles Texte streifen oft die Grenze zum Kitsch und seine Bühnenshow lässt einen in ihrer Ernsthaftigkeit ab und zu schmunzeln. Nach dem Song „Ville Mentality“ bricht der Rapper in einen nicht enden wollenden Monolog darüber aus, dass es gut sei, an die Zukunft zu denken, man aber trotzdem auch im Hier und Jetzt leben sollte. „Tonight, Germany, please let’s all live in the moment.“ An Coles Duktus merkt man dabei, dass er diese pseudo-spontane Rede bei jedem Konzert aufs Neue hält. Sein Publikum feiert ihn trotzdem, insbesondere, als er in der zweiten Showhälfte die alten Hits auspackt.

Mit „Foldin Clothes“, dem vielleicht nettesten Rapsong, der je geschrieben wurde, gewinnt Cole alle Sympathien zurück. „I wanna fold clothes for you / I wanna make you feel good“, lautet der Refrain dieses Liebesliedes, in dem es darum geht, mit der Freundin Netflix zu schauen und Müsli mit Mandelmilch zu essen – eine charmante Zelebrierung des Normalo-Daseins. Das gibt es nur bei einem Rapkonzert von J. Cole: ein Publikum, das begeistert die Worte „Almond Milk“ mitbrüllt.

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