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Wunderkind des Britpop. Jake Bugg, 19, wuchs in Nottingham auf. Seine neue Platte entstand in Kalifornien.

© Universal

Jake Buggs zweites Album: Wertkonservativer Rock ’n’ Roll

Als 18-Jähriger stürmte er die britischen Charts. Weil seine Song eine unschlagbare Aura von Naivität und Rebellion verströmten. Auch auf „Shangri La“ huldigt Jake Bugg jetzt wieder seinen Idolen Bob Dylan und Don McLean

Das Studio, in dem Jake Bugg sein neues Album aufgenommen hat, ist ein lichtdurchfluteter, klösterlich anmutender Ort. Es liegt im kalifornischen Strandstädtchen Malibu und gehört Rick Rubin, dem derzeit berühmtesten Produzenten der Welt. Das Studio heißt „Shangri La“, und genauso hat Bugg auch seine Platte genannt. Shangri La, das ist das Paradies, ein magisches Refugium im Himalaja, wo die Menschen unsterblich sein sollen. Bei den Aufnahmen muss es entspannt zugegangen sein. Ein im Netz kursierendes Video zeigt, wie Rubin, ein langhaariger Schrat mit weißem Predigerbart, auf einer Matratze liegt, barfuß zu Buggs Musik mitwippt und am Ende des Takes zufrieden in ein Mikrofon spricht: „Vielen Dank, bitte der nächste Song.“

Jake Bugg ist das derzeit erfolgreichste Wunderkind des britischen Pop. Als der Singer-Songwriter, der in Nottingham aufwuchs, vor einem Jahr mit seinem Debütalbum den ersten Platz der britischen Charts eroberte, war er 18. Seine Lieder, die er mit breitem Mersey-Akzent vortrug, verströmten eine unschlagbare Aura von Naivität und Rebellion. Bugg sang, oft nur von seiner akustischen Gitarre begleitet, vom Dasein in der Tristesse einer nordenglischen Sozialsiedlung, vom Saufen und Herumhängen, von der Perspektivlosigkeit seiner Generation und, natürlich, von der Liebe. Er wurde mit Bob Dylan und Billy Bragg verglichen, Noel Gallagher nannte ihn „die Zukunft der Musik“ und nahm ihn mit auf eine Welttournee.

Einer der besten Songs des neuen Albums heißt „What Doesn’t Kill You“. Eine Hochgeschwindigkeitspophymne, bei der Jake Bugg zu wütend kreischenden E-Gitarren und einem nervös pumpenden Schlagzeug von einem Typen erzählt, der am Ende einer nächtlichen Kneipentour übel verprügelt wird. „Sometimes you feel you’re up against the world“, lautet eine Zeile, und der Refrain endet: „You try, you bleed, then finally you breathe.“ Was dich nicht umbringt, lautet die Botschaft, macht dich nicht unbedingt härter. Aber klüger. Seine Texte, hat Bugg in einem Interview gesagt, seien „philosophischer“ geworden, „nicht mehr so sehr beobachtend“. Mit „Messed Up Kids“, einer schunkelnden Moritat mit einer Melodie zum Mitpfeifen, liefert der Sänger noch einmal eine Nahaufnahme aus dem Milieu der Sozialbaubewohner.

Die „Messed Up Kids“ sind traurige Eckensteher in einer runtergekommenen, namenlos bleibenden Vorstadt. „They sell their time, they sell their drugs“, nöhlt Bugg. „They sell their body.“ Doch der Großteil der Lieder handelt vom inneren Universum des Sängers. Es geht um pure Euphorie („All Your Reasons“), um das Gefühl, einen Moment lang der Allergrößte zu sein („Kingpin“) und immer wieder um unglücklich ausgehende Liebesbeziehungen („Me And You“, „A Song About Love“). Eine Zeit lang war Jake Bugg mit dem Model Cara Delevingne liiert, eine Affäre, die für die britische Boulevardpresse ein Fest war und schließlich von Delevingne beendet wurde.

„Du musst ehrlich sein“, lautet Buggs Credo. „Was du singst, musst du auch meinen.“ Kein anderer Musiker verkörpert die Rolle des zornigen jungen Mannes momentan überzeugender als der inzwischen 19-jährige Brite. Seine Musik wirkt seltsam aus der Zeit gefallen. Bugg huldigt so unbeirrt seinen Idolen Bob Dylan, Don McLean und Robert Johnson, als hätten die letzten zwanzig, dreißig Jahre Popgeschichte nicht stattgefunden. Und immer noch reichen ihm dafür, wie schon beim Debütalbum, drei oder vier Akkorde auf der Gitarre und der raue Klang seiner Stimme.

„Shangri La“ klingt immer noch sehr geradlinig, aber der Sound ist dank Rick Rubin variantenreicher geworden, manchmal beinahe opulent. Die betörende Ballade „Me And You“ wird von countryesken Lagerfeuergitarren angetrieben, das melancholisch verhangene Midtempostück „Kitchen Table“ ist mit einem wabernden Softrock-E-Piano unterlegt. Jake Buggs Songs sind nicht unbedingt innovativ, aber manchmal magisch. Wertkonservativer Rock ’n’ Roll.

„Shangri La“ ist bei Virgin erschienen. Am 19.11. spielt Jake Bugg in Huxley’s Neuer Welt. Das Konzert ist ausverkauft.

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