zum Hauptinhalt

Kultur: Jerry Lewis: Das ewige Kind, das nicht lachen kann

Das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" widmete ihm jüngst eine ganze Ausgabe. Martin Scorsese mit "King of Comedy" vor zwanzig Jahren einen ganzen Film.

Das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" widmete ihm jüngst eine ganze Ausgabe. Martin Scorsese mit "King of Comedy" vor zwanzig Jahren einen ganzen Film. Jerry Lewis spielte darin einen Showmaster, der große Gemeinsamkeiten mit ihm selbst zu haben schien, aber ganz sicher wusste man das nicht. Denn er war nicht das grimassierende Lachmonster, als das er berühmt geworden war. Stattdessen ein stiller Patriarch, abhängig von dem Jubel eines Publikums, das er insgeheim verachtete. Geknebelt und entwürdigt kauerte er schließlich in seiner Penthouse-Wohnung, während Robert de Niro ihm zu demonstrieren versuchte, dass er der größere Entertainer war - der eigentliche "Comedy-König".

Es ist merkwürdig, wie sehr sich Jerry Lewis, dem Hollywood einst zu Füßen lag, in seinen späten Filmen von dem dummen Jungen entfernte, der sich in zahllosen Filmen, Fernseh- und Bühnenshows aus pubertärer Verzweiflung zum Kasper gemacht hatte. Ob als zynischer Casino-Besitzer in "Cookie" (1989), als Cadillac-Händler in "Arizona Dream" (1991) oder als abgehalfterter Comedy-Star in "Funny Bones" (1994), zuletzt wurde Lewis mit Rollen umworben, die wie ein tragischer Abglanz auf seine furiosen Zeiten als Slapstik-Komiker aussahen. In seinen Augen lauerten die trüben Zweifel eines Angestellten, der seinen gesellschaftlichen Aufstieg mit einer seelischen Erstarrung bezahlt.

Wieviel davon auf ihn selbst zutrifft, ist ein Geheimnis geblieben, das sogar sein Freund Peter Bogdanovitch ihm in einem langen SZ-Interview nicht entlocken konnte. Denn für Lewis, der heute 75 wird, ist Komik stets eine Technik gewesen: die Kunst, umständlich auf die Fresse zu fliegen. Nachdem er das dreißig Jahre beherzigt hatte, war seine Wirbelsäule ruiniert. Aber er hatte der Dienstleistungsgesellschaft einen Clown geliefert, dessen Missgeschicke viel über deren psychische Gewalt verrieten - und dessen einziges Privileg war, dass er seine Katastrophen überlebte.

Mit fünf Jahren wurde der Sohn eines Nachtclubsängers zum ersten Mal auf eine Bühne gestellt, im Smoking, und er sollte ein Lied singen. Als er sich vor dem begeisterten Publikum verbeugte und dabei einen Scheinwerfer austrat, erschreckte ihn das so sehr, dass er zu weinen begann. "Die Leute brüllten vor Lachen. Da wusste ich, was ich für den Rest meines Lebens zu tun hatte: stolpern, ausrutschen, hinfallen", erzählt er, das ewige Kind.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false