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Kultur: Jetzt auch mit Kino

Ein Rundgang durch das sanierte Festspielhaus

Einmal muss Kulturstaatsminister Bernd Neumann dann doch mit einem frei formulierten Empörungsruf die allgemeine Feierlichkeit irritieren. „Schon erstaunlich“ und „eigenartig“ findet es der CDUMann, dass zur offiziellen Wiedereröffnung des aufwendig renovierten Hauses der Berliner Festspiele an der Schaperstraße kein einziger Vertreter der Berliner Politik erschienen ist. Wo Neumann doch zuvor so prägnant festgestellt hat: „Ich glaube, die Aussage, dass die Berliner Festspiele ein Glanzpunkt der Hauptstadtkultur sind, ist nicht übertrieben.“

Das Fernbleiben des Regierenden Kultursenators oder seines Kulturstaatssekretärs an diesem Donnerstagmorgen mag damit zusammenhängen, dass die Festspiele seit zehn Jahren nicht mehr Angelegenheit des Landes sind, sondern unter die wärmenden Förderfittiche des Bundes genommen wurden. Aus dessen Etat stammen auch die 15,3 Millionen Euro, mit denen der denkmalgeschützte Bau von Fritz Bornemann in der Schaperstraße in vier Abschnitten generalsaniert wurde. Das Geld stammt aus dem Konjunkturpaket II: Intendant Joachim Sartorius und der Kulturstaatsminister sind sich einig darin, dass es eine gute Idee war, die Wirtschaftsbelebungsmittel nicht nur für die üblichen Straßen, Schulen und Krankenhäuser aufzuwenden, sondern auch die Kultur kräftig anzukurbeln.

Das Theatergebäude, 1963 als Freie Volksbühne eröffnet, ist seit zehn Jahren Festspielzentrale; nun wurde es von der Kassenhalle übers Foyer bis zur Seitenbühne aufgemöbelt – wovon man erst mal nicht viel bemerkt. Was ein Kompliment sei, erklärt der technische Direktor des Hauses, Andreas Weidmann, weil man ja auf den Denkmalschutz Rücksicht nehmen musste. Was den Quarzschieferboden der Kassenhalle ebenso betrifft wie die mit Esche furnierten Wandpaneele im großen Saal. Nicht mal bei der Neubestuhlung hatte man viel Spielraum, sie ist so senffarben wie eh und je. Mehr Beinfreiheit gibt es auch nicht, immerhin lassen sich die Sitze jetzt herausnehmen und variabler anordnen. Und: Sie haben eine um sieben Zentimeter höhere Rückenlehne. Zudem soll es durch ein paar geschickte Winkelzüge, etwa bei der Neigung der Verkleidung der Balkonbalustrade, gelungen sein, die berüchtigte Waschküchenakustik des Saals zu verbessern.

Der Großteil des Renovierungsgeldes ist in die marode Technik geflossen, in Lüftung, Elektronik, Brandschutz. Das Haus, preist Sartorius, sei jetzt „für hoch komplizierte Gastspiele gerüstet“. Dafür ist nicht zuletzt die Tragfähigkeit der Bühne erhöht worden. Moment mal, die Bretter haben doch bereits Peter Stein mit seinen 14-stündigen Lesungen aus der Weltliteratur getragen, wie gewichtig soll es noch werden? Über die komplexe Bühnenmaschinerie kann man staunen – wie die Vorführung eines verspielten Balletts der Prospektzüge im sanften Rotlicht beweist.

Die einleuchtendste Neuerung im technischen Bereich: Das Haus kann jetzt auch zum Kino mutieren. Was, so Sartorius, ein Herzenswunsch von Dieter Kosslick gewesen sei, der mit einer Sektion der Berlinale hier einziehen will. Dann wird der gesamte Saal mit schwarzen Vorhängen verkleidet.

Fehlt bloß noch der Praxistest. Der steht am Sonnabend ins Haus, wenn die Festspiele ihr Jubiläum feiern (siehe Kasten). Da käme ja vielleicht auch Klaus Wowereit – den Seitenhieb kann Bernd Neumann sich nicht verkneifen –, der feiere doch gern. Patrick Wildermann

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