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Jimmy Page in Berlin.

© Jörg Carstensen/dpa

Jimmy Page in Berlin: Der Stempler

Jimmy Page stellt in Berlin seine Autobiografie vor, die anhand von 600 Fotos die Karriere des legendären Led-Zeppelin-Gitarristen nachzeichnet.

Man kann davon ausgehen, dass Jimmy Page dem Gitarrenspiel verbundener ist als dem Schreiben von Büchern. Trotzdem darf er sich jetzt offiziell Autor nennen. Wie viele seiner Rockstar-Kollegen hat er eine Autobiografie geschrieben: „Jimmy Page By Jimmy Page“, die er in einem Berliner Kulturkaufhaus vorstellt.
Die Bude ist voll, und mehr als das. Neben den etwas mehr als 100 Glücklichen, die teilweise seit Stunden warten, gibt es für alle, die etwas später gekommen sind, eine Videoübertragung ein Stockwerk höher. Die drinnen können Page dann auch ganz nahe kommen, wenn er die Bücher signieren, besser gesagt: stempeln wird. Mit seinem berühmten Runen-Logo, Zusatz: Berlin, 23.10.2014.
Jimmy Page, 70, die dünn gewordenen weißen Haare zum Pferdeschwänzchen gebunden, trifft mit seiner Entourage am Hintereingang ein. Kurz nach oben zum Fotoshooting. Er posiert routiniert wie ein Model, nimmt auf Drängen der Fotografen sogar die Sonnenbrille ab. Dann nach unten und unter rockstarmäßigem Applaus auf die Bühne, wo ich das Vergnügen habe, ihn ein halbes Stündchen lang zu befragen. Bestimmte Themen, etwa warum die legendär wilden Led-Zeppelin-Orgien in seiner Autobiografie nicht auftauchen, sind ausgeschlossen. Auch gut.

Gerade werden alle Led Zeppelin-Alben neu aufgelegt

„Jimmy Page By Jimmy Page“ fällt nicht so ambitioniert aus wie etwa Dylans „Chronicles“, Keith Richards’ „Life“ oder Morrisseys „Morrissey“. Der Textanteil des über 500 Seiten dicken Schinkens ist homöopathisch dosiert und beschränkt sich auf Kommentare zu den 600 Fotos, an denen entlang Page seine Karriere erzählt. Die ersten Profischritte machte er als Session-Musiker im London der frühen 60er. Ein Job führte ihn auch nach Berlin, wo er eine Aufnahme von Caterina Valente veredelte.
Es war sein erster Flug überhaupt, und der gleich nach Tempelhof mit dem berüchtigten Häuserdächer-Anflug! Es folgte die Zeit mit den Yardbirds und dann die Station, die ihn zum RockOlympier machte. Als Gitarrist und Mastermind von Led Zeppelin gelang ihm in den 70ern einer der spektakulärsten Höhenflüge der Rockgeschichte.
Gut gelaunt und kurzweilig erzählt Page Geschichten zu den Bildern, die auf einen Screen projiziert sind, auch über seine Projekte der Post-Zeppelin-Zeit. Im Zentrum stehen aber „the might Zep“, und die machen bis heute immer wieder Wirbel. Ob bei ihrem Reunion-Auftritt 2007 in London oder aktuell mit der Wiederveröffentlichung des Katalogs der klassischen Alben. Nach „I“, „II“ und „III“ im Sommer sind jetzt „IV“ und „Houses Of The Holy“ dran. Der Rest folgt demnächst. Treibende Kraft hinter dem Projekt ist Jimmy Page. Er stellte auch die Zusatz-CDs mit alternativen Versionen und Mixes zusammen. Wirklich unbekannte Songs finden sich kaum darunter. Die Neuauflagen der 40 und mehr Jahre alten Alben verkaufen sich dennoch blendend.

Das ganz große Ding wäre natürlich eine weitere Live-Reunion. Das ist allerdings auch ein Tabuthema. Man weiß ja, dass Jimmy Page und John Paul Jones gerne wieder zusammen auftreten würden, aber ohne Sänger Robert Plant geht es nicht, und der hat keine Lust, als wandelndes Museum durch die Arenen zu ziehen, und macht lieber sein eigenes Ding. Also geht Page mit seinem Buch auf eine leise Solo-Tournee. Demnächst in Paris, New York, Los Angeles – und überall mit exklusivem Stempel. Helmut Heimann
„Jimmy Page By Jimmy Page“, Genesis Publications, 48 €. Led Zeppelin „IV“ und „Houses Of The Holy“, jeweils 2CDs Remastered Deluxe Edition, erscheinen bei Atlantic/Swan Song (Warner).

Helmut Heimann

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