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JOHANN KÖNIG: Tatiana Trouvé

„Non!“, stoppt Tatiana Trouvé energisch ihren Aufbauhelfer, bevor dieser zum Hammerschlag ausholt.

„Non!“, stoppt Tatiana Trouvé energisch ihren Aufbauhelfer, bevor dieser zum Hammerschlag ausholt. Das Nein geht der Frau mit den langen braunen Haaren und den Katzenaugen leicht über die Lippen. Mit jedem Detail sperrt sich die Französin in ihrer Ausstellung „Density of Time“ gegen alle Erwartung. Sie lässt Trugbilder entstehen und im gleichen Moment wieder platzen. „Polder“ nennt die französische Künstlerin ihre Skulpturen – Polder heißt eigentlich das Land, das dem Meer abgetrotzt wurde. Doch der feste Boden unter den Füßen kann jederzeit von den Fluten weggeschwemmt werden. Nichts ist gewiss in der Kunst von Tatiana Trouvé.

In einem schmalen Gang balanciert ein Stuhl kopfüber auf der Spitze seiner Lehne, dahinter ein Spiegel, der irritierend eine ganz andere Szene zeigt. Billardqueues lehnen haltlos im Raum. Im vergangenen Jahr hat Tatiana Trouvé mit diesen Luftspiegelungen den Prix Marcel Duchamp erhalten. Besucher können bei Johann König nun die verzweifelnde Erfahrung machen, was es heißt, wenn nichts mehr logisch ist und dadurch neuen Sinn bekommt. Der Blick kippt ab, der Verstand steht kopf. Das Fundament eines Hauses hat Tatiana Trouvé senkrecht an die Wand gebaut – offen und hohl liegen Isolierschichten und Grundsteine bloß. Ein Tau aus schwerer Bronze schwingt sich zur eleganten Schleife in die Luft. Starre Metallstangen sind in ein Korsett aus weichem Leder gezwängt. Während sich die Bedeutung des Materials verkehrt, erhält der Galerieraum eine neue Balance. „Density of Time“: Indem die Objekte stets ihr Paradox in sich tragen, verdichten sie für den Moment der Begegnung die Zeit. Der Kopfstand gilt als verjüngende Körperhaltung. Tatsächlich wirkt es überaus erfrischend – dieses energische Nein! Simone Reber

Galerie Johann König, Dessauer Straße 6–7; bis 14. Juni, Di.–Sa. 11–18 Uhr.

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