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Kultur: Jottwede

Wo Männer noch Männer sind: Das Berliner Filmkunsthaus Arsenal präsentiert die Reihe „Neues Australisches Kino

Einige der erfolgreichsten Filme aller Zeiten hatten australische Hauptdarsteller: Errol Flynn, Mel Gibson, Nicole Kidman, Russell Crowe, Cate Blanchett. Oder australische Regisseure wie Peter Weir, Phillip Noyce und Bruce Beresford. Nur waren es leider zumeist keine australischen Filme – Ausnahmen wie „Mad Max“ und „Crocodile Dundee“ bestätigen die Regel. Australien genießt das zweifelhafte Privileg, eine erstklassige Talentschmiede für Hollywood zu sein. Seine Eigenproduktionen bleiben Geheimtipps unter Kunstkinobesuchern.

Die Werkschau „21st Century OZ: Neues Australisches Kino“, mit der das Arsenal zehn abendfüllende sowie einige kurze Produktionen vorstellt, scheut den Vergleich mit Hollywood nicht. Robert Connollys „The Bank“ etwa handelt ähnlich wie der Oscar-Sieger „A Beautiful Mind“ von einem Mathe-Genie, das seine Seele an die Mächtigen verkauft und daran zu zerbrechen droht. Aber der Film macht dabei fast alles ganz anders. Jim Doyle (David Wenham) ist in der Lage, Kursbewegungen an der Börse vorauszusehen. Ein Bankier (Anthony LaPaglia) engagiert ihn und verhilft dem einfachen jungen Mann zum Aufstieg. In einer Parallelhandlung werden die Nöte der kleinen Anleger geschildert, die ihr Vermögen an die Bank verlieren. Connolly visualisiert Doyles Denkprozesse mit Computertricks, die man aus „A Beautiful Mind“ kennt. Doch da hören die Parallelen auch schon auf. „The Bank“ ist ein intelligenter Thriller ohne aufgesetzte Effekte, ohne Autorennen oder kitschige Szenen einer Ehe. Es beeindruckt, wie unaufdringlich Connolly Stadt und Land kontrastiert – oder auch den robusten Naturburschen Doyle mit den steifen Anzugtypen, die ihn benutzen.

Australische Filme sind mitunter ziemlich grob. Sie zelebrieren einen ungebrochenen Machismo und erinnern daran, dass der Kontinent einst eine Strafkolonie war. In der Tradition von Knast- und Skinhead-Dramen wie „Ghosts of the Civil Dead“ und „Romper Stomper“ hat Andrew Dominik sein Ganovenporträt „Chopper“ inszeniert. Seinen Spitznamen Chopper verdankt Mark Read einer Selbstverstümmelung, mit der er die Verlegung in einen anderen Knast erreicht. Viel Blut fließt, man kann kaum hinsehen. Der bierbäuchige Read lacht dazu und entblößt seine schlechten Zähne, was überhaupt nicht albern wirkt. Denn der Stand-up-Komiker Eric Bana spielt ihn selbst in haarsträubenden Situationen mit furchterregender Glaubwürdigkeit.

Wenigstens ein Regisseur hält Australien trotz Hollywood-Erfolgen die Treue: Phillip Noyce ( „Die Stunde der Patrioten“) erzählt in „Rabbit-Proof Fence“ die erschütternde Geschichte von drei Aborigine-Mädchen, die im Rahmen eines gutgemeinten Umerziehungsprogramms ihren Familien entrissen werden – und entlang einem kaninchensicheren Zaun die Flucht wagen. Mit Noyce ist ein verlorener Sohn in seine australische Heimat zurückgekehrt. Man kann nur hoffen, dass andere seinem Beispiel folgen und ihre internationale Popularität nutzen, um den Blick der Welt nach Australien zu lenken.

Kino Arsenal, bis 9. Dezember.

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