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Kultur: Jubeln in der Oper

GESANG

Mindestens fünfzig rote Roten legt ein Verehrer aus der ersten Reihe der Diva zu Füßen. Renée Fleming nimmt sie mit gekonnter Geste auf, legt sie auf den Flügel bevor sie zu einer Reihe von „letzten“ und „allerletzten“ Zugaben ansetzt. Viele Lieblinge aus „Schirmers Arienalbum“ sind darunter, von Puccini über Dvorák und Korngold bis Cilea. So bekommt das begeisterte Publikum noch einen Abglanz der Bühnenkünstlerin zu hören und zu sehen. Wer sie indessen in einer Oper erleben möchte, muss weiterhin mindestens bis London reisen. Immerhin hat die Deutsche Oper sie auf dem Höhepunkt ihres technischen Könnens nach Berlin gelockt. Mehr gesangliche Perfektion als bei Renée Fleming ist kaum erreichbar. Die Stimme sitzt makellos auf dem Atem, so dass Debussys „Chansons de Bilitis“ nie ins mysteriös überhauchte Niemandsland abgleiten. Eine bewundernswerte Atemkontrolle ermöglicht ihr in Alban Bergs „Sieben frühen Liedern“, auch die weitesten Bögen scheinbar mühelos zu spannen. Das genau fokussierte Piano in „Ruhe, meine Seele“ (Strauss) ist noch in der letzten Reihe bestechend. Diese genau kalkulierte Behandlung zwischen Schönheit und Manierismus wurde auch den vier Edelschnulzen von Joseph Marx zuteil, die dadurch einigen Charme gewannen. Die Künstlerin wurde von dem überragenden Pianisten Hartmut Höll begeleitet. Wie er den jeweiligen Tonfall dieser unterschiedlichen Komponisten traf und die Spannung selbst im langsamsten Tempo zu halten verstand, ist absolut verehrungswürdig. Jede seiner tief empfundenen Pausen war eine Offenbarung, sein Mut zum künstlerischen Risiko müsste allen Musikern Ansporn sein, ihm nachzueifern.

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