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"Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler" von Bernd Perplies und Christian Humberg.

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Jugendkrimireihe "Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler": Vier Freunde

Mit der Jagd nach einem Kristall beginnt die Jugendkrimireihe „Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler“.

Die Baker Street 221b gehört zu den mythischen Adressen der Kriminalliteratur. In dem Londoner Backsteinhaus lebt Sherlock Holmes, der „hakennasige, schlaksige und recht liebenswerte Privatdetektiv“, wie Vladimir Nabokov ihn nannte. Holmes ist die Inkarnation des Rationalismus, sein Geist gleicht einer Maschine. Wenn er zu seinen Schlussfolgerungen, den „Deduktionen“, ansetzt, fügen sich winzigste Beobachtungspartikel zu schlüssigen Beweisen.

Lucius Adler, der dreizehnjährige Held von Bernd Perplies’ und Christian Humbergs Jugendkriminalroman „Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler“ ist weder von London noch von Holmes beeindruckt. Die Stadt kommt ihm „so ungemütlich vor, als habe jemand einen großen Eimer Schmutzwasser über sämtlichen Gassen und Gebäuden ausgeschüttet“. Und den legendären Detektiv lernt er als mürrischen Schweiger kennen, der seine schlechte Laune darüber, dass es gerade keinen Fall zu lösen gibt, an seinen Mitbewohnern auslässt, der Haushälterin Mrs Hudson und seinem Kompagnon Doktor Watson. Ein Genie? Ach was, für Lucius ist eher Giorgio ein Genie, der jeden Abend als Schwertschlucker auftritt.

Dampfdroschken und Nachtsichtgeräte im Viktorianischen London

Lucius ist in der Nähe von New York geboren und unterwegs zwischen Damaskus, Schanghai und Rom aufgewachsen. Seine Mutter Irene arbeitet als Zauberin beim Zirkus, „Verschwindetricks“ sind ihre Spezialität. Das Buch beginnt mit einer Vorstellung, bei der Lucius von ihr auf der Bühne niedergestochen wird und in einem Sarg landet. Allerdings sind plötzlich tatsächlich einige Männer hinter ihnen her, deshalb muss die Mutter untertauchen. Zuvor bringt sie ihren Sohn bei Sherlock Holmes unter, einem alten Freund.

Diese Mutter haben sich die Autoren nicht ausgedacht, Arthur Conan Doyle lässt in seiner Erzählung „Ein Skandal in Böhmen“ von 1891 eine Trickbetrügerin auftreten, die Irene Adler heißt. Sherlock Holmes schwärmt von ihr als „entzückender Frau mit einem Gesicht, für das ein Mann sterben könnte“. Über eine Liebesaffäre des Detektivs mit der Diebin wurde viel spekuliert, jetzt könnte man fragen: Ist er vielleicht der Vater von Lucius?

Eher nicht. Denn anders als Sherlock Holmes weiß Lucius Adler, dass Logik mitunter nicht reicht, um ein Rätsel zu lösen. Im Turmzimmer des Diogenes-Clubs, wohin Mycroft Holmes ihn mitnimmt, lernt Lucius Theodosia kennen, die eine Tigerpython namens Miss Sophie besitzt, den jungen Erfinder Harold und Sebastian, Sohn eines Afrika-Erforschers. Als sie in das Britische Museum einsteigen, geraten die Kinder in einen Kriminalfall, denn kurz danach wird dort das Kristallauge des Gottes Umbak gestohlen.

Der Kristall erweist sich als Allmachtsinstrument, wer ihn besitzt, kann die Welt beherrschen. Um das prähistorische Stück zurückzubekommen, begeben sich die Kinder-Detektive zu einer spiritistischen Sitzung, sie beschatten Verdächtige und geraten in Whitechapel in die Hände von Gangstern. An Verfolgungsjagden mangelt es nicht, doch das Erzähltempo bleibt behäbig. Interessanter als die Actionszenen sind die Momente, in denen Perplies und Humberg von viktorianischen Erfindungen fabulieren. Da rollen Dampfdroschken durch die Londoner Straßen, es gibt frühe Nachtsichtgeräte, Lochkartenregister und mechanische Butler. Vorsicht: Sie können schießen.

Bernd Perplies, Christian Humberg: Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler. Der Goldene Machtkristall. Thienemann, Stuttgart 2016. 287 Seiten, 12,90 Euro. Ab zehn Jahren.

Weitere Rezensionen finden Sie auf unserer Themenseite.

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