zum Hauptinhalt

Kultur: Junger Mozart, alte Meister

Trevor Pinnock dirigiert die Philharmoniker

Die Berliner Philharmoniker sind das kontaktscheueste Orchester der Stadt. Kaum je passiert es, dass sie einen neuen Dirigenten zu sich einladen, und wer in den letzten Jahren aufregende Newcomer wie Kristjan Järvi, Tugan Sokhiev und Andris Nelsons hören wollte, musste dafür ein Konzert der Konkurrenz besuchen.

Auch in dieser Spielzeit haben die Philharmoniker nur einen einzigen Debütantentermin auf ihrer Tanzkarte. Dass allerdings ausgerechnet dem Briten Trevor Pinnock diese Gunst gewährt wird, ist gelinde gesagt eine Überraschung. Der Experte für Alte Musik hatte zu Beginn der achtziger Jahre einige gepflegte Bach-, Händel- und Haydn-Aufnahmen vorgelegt, war dann aber bald in der Grauzone des klassischen Routinebetriebs verschwunden. Und auch sein Mozart-Programm am Mittwochabend bei den Philharmonikern weist ihn vor allem als unspektakulären Klassik-Dienstleister aus.

Für Mozarts frühe g-Moll-Sinfonie ist das zu wenig: Damit das klein dimensionierte Stück auch in einem großen Konzertsaal wie der Philharmonie Wucht und dramatischen Atem bekommt, braucht es wohl einen ungestümen Zugriff à la Nicolaus Harnoncourt. Bei Trevor Pinnock klingt die Sinfonie bloß niedlich und kleinmeisterlich. Mozart aus der Spieldose. Auch im großen g-Moll-Werk hält der 61-jährige Brite die Konflikte klein: Wo das Orchester große Oper machen müsste, darf es bei Pinnock nur verwaschene Tutti und rheumatische Rokoko-Melodik abliefern. Da waren die Philharmoniker mit Simon Rattle am Pult schon Lichtjahre weiter.

Auch Maria Joao Pires kann am Klavier nur momentweise daran erinnern, wie sich lebendiges Musizieren anhört. Die Portugiesin ist zweifellos eine sensible Musikern. Doch im Jeunehomme-Konzert, das Mozart mit 21 Jahren komponierte, ist sie meist bis an ihre Grenzen gefordert. Bei verknöchertem Ton, zähen Trillern und verhärteten Läufen bleiben Spielfreude und Kantabilität allzu oft auf der Strecke. Für solche Abende sollten sich die Berliner Philharmoniker eigentlich zu schade sein. Jörg Königsdorf

Jörg Königsdorf

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false