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Junghee Ryu im Kammermusiksaal: Amadeus, der Launische

Ton voller Wärme und Fülle: Die Koreanerin Junghee Ryu eröffnet die neue Reihe „Berlin Debuts“ im Kammermusiksaal.

Junge Musiker kennenzulernen ist immer spannend – wie erfüllt der Nachwuchs die Interpretationsaufgaben angesichts einer übermächtigen Tradition? Können neue, eigenständige Sichtweisen überhaupt noch gelingen? Die Schwemme der Debüts zeigt aber auch, wie heiß umkämpft der Klassik-Markt mittlerweile ist, überfüllt von hochbegabten Newcomern. Zur gegenseitigen Unterstützung schlossen sich die „New York Concert Artists“ zu einer Art „Davidsbund“ nach Robert Schumanns Vorbild zusammen, mit den Zielen der „Selbstbestimmtheit in der Kunst“ und der „Förderung junger Künstler“. Drei junge Pianistinnen erhalten von ihnen die Chance eines „Berlin Debuts“ im Kammermusiksaal der Philharmonie.

Den Anfang macht die Koreanerin Junghee Ryu, in Seoul ausgebildet und mit einem Doktortitel der Manhattan School of Music versehen. Mit Mozart weiß sie zu überraschen. Die späte F-Dur-Sonate (KV 533/494) erhält einen ganz eigenen Ton voller Wärme und Fülle, dabei weder unangebracht „romantisch“ noch rokokohaft verzärtelnd. Die ausgefuchste, manchmal entlegene Wege gehende Polyphonie des Werkes kann sich so wunderbar plastisch entfalten. Das Pedal setzt Ryu nur dort ein, wo es zur klangfarblichen Charakterisierung etwa eines Seitenthemas nötig ist, ohne deswegen – dank differenzierter Anschlagskünste – Trockenheit zu erzeugen. Im Andante leistet sie sich sogar ein kräftiges Rubato vor dem „fortepiano“ zu nehmenden Vorhalt, betont auch sonst durch kontrastreiche Dynamik und Phrasierung Mozarts Kühnheiten, die manchmal auf Schubert und darüber hinaus weisen. In überraschenden Brüchen und Schroffheiten, die sonst oft in klassischer Glätte untergehen, zeigt sich hier Amadeus der Hochsensible, der emotional Sprunghafte und Launische.

Diese Qualität kann die junge Pianistin an diesem Abend nicht mehr erreichen. Schumanns Fantasie op. 17 überfordert sie vielleicht mehr nervlich als technisch – jedenfalls gelingt weder ein klarer und fesselnd gesteigerter „Legendenton“ noch der „Paganini“-Wahnsinn der Sprünge im Mittelteil. Alberto Ginasteras 1. Sonate liegt ihr da schon besser in den Fingern – ihre an Bartók orientierte, furchtlos angepackte Motorik wird mit Bravorufen belohnt.

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