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Justizdrama: Wisch und weg

Ein Mann, ein Ford: „Flash of Genius“ zeigt, wie sich ein Mann mit einem Großkonzern anlegt und darüber fast alles verliert.

Eigentlich hätte Dr. Robert W. Kearns mit seiner Frau und den sechs Kindern in Saus und Braus leben können. In den Sechzigern erfindet der College-Professor in seiner Garage den sogenannten Intervallscheibenwischer, meldet dafür das Patent an und führt das Gerät den Technikern von Ford vor. Der Automobilhersteller zeigt sich zunächst interessiert, macht aber, kurz bevor Kearns mit einer eigenen Firma in die Serienproduktion gehen will, einen Rückzieher. Ein Jahr später präsentiert das Unternehmen den neuen Ford Mustang – mit Intervallscheibenwischer!

Nun wäre Kearns (Greg Kinnear) wohl gut beraten, sich nicht mit dem Industriegiganten anzulegen. Der Konzern verfügt nicht nur über eine schlagkräftige Rechtsabteilung; zudem mahlen die Mühlen der Justiz gerade im Patentrecht besonders langsam. Aber Kearns wehrt sich, in einem über 20 Jahre dauernden Rechtsstreit, gegen den Diebstahl seiner Idee – und verliert darüber seine Gesundheit, seinen Job und seine Familie.

Marc Abrahams Debüt „Flash of Genius“ geht über den klassischen Kampf zwischen David und Goliath hinaus, wie ihn Justizdramen à la „Erin Brockovich“ zelebrieren. Der zerstreute Ingenieur aus Detroit ist kein Volksheld, der gegen die kapitalistische Übermacht ins Feld zieht. Eher reibt er sich, ein unglücklicher Don Quichote, im Kampf mit dem amerikanischen Rechtssystem auf. Greg Kinnear zeichnet den Erfinder als enorm sturen Maniac, der an seinem Gerechtigkeitsempfinden fast zerbricht. Die psychologischen Risse dieser Figur sind das Kapital des Films – dramaturgisch dagegen bewegt er sich äußerst holprig voran.

Der aktuelle Bezug zur Krise der Autoindustrie ist dabei eher zufällig. Abrahms arbeitete schon seit den Neunzigern an diesem Stoff und hatte vor allem ein psychologisches Drama im Sinn. Dennoch zeigt sein Ausflug in die goldene Ära dieser Branche, mit welch unglaublicher Arroganz jene Großkonzerne, die heute mit der Sammelbüchse von einem Regierungsgebäude zum nächsten ziehen, jahrzehntelang Geschäfte machten. Dass Ford und Chrysler dem hartnäckigen Erfinder schließlich einige Millionen Entschädigung zahlen mussten, ist allenfalls vordergründig als Happy End zu verstehen. „Flash of Genius“ zeigt vielmehr deutlich, dass man bereit sein muss, das eigene Leben zu ruinieren, wenn man den Kampf gegen einen Großkonzern gewinnen will. Martin Schwickert

Cinemaxx, Colosseum, Kurbel; OV im Cinestar SonyCenter

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