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Kultur: Kaff der guten Hoffnung

Rettung aus der Provinz: „Here Before“, das tolle Comeback-Album der Feelies

Ihre Haare waren kurz und ordentlich gescheitelt, die Kragenhemden steckten in Bundfaltenhosen, unförmig große Brillen erinnerten an Buddy Holly. Als die Feelies Ende der siebziger Jahren in New York auftauchten und im berühmt-berüchtigten Club CBGBs spielten, setzten sie schon mit ihrem Äußeren ein Statement. Sie waren keine Punks, sondern Provinzler. Auch ihre Musik, eine Mischung aus nervös dengelnden, von Feedbacks überlagerten Rhythmen und elegisch dahinfließendem Gitarrenpop, stand quer zum Zeitgeist der beginnenden New-Wave-Ära.

The Feelies stammen aus Haledon, einem 8000-Einwohner-Kaff in New Jersey. „Es ist angenehm dort. Friedlich, aber nicht zu friedlich“, sagt Sänger und Gitarrist Glenn Mercer, der bis heute dort lebt. Die Band kultivierte ihr Außenseitertum, am schönsten in Jonathan Demmes Spielfilm „Gefährliche Freundin“ (1986), der von der Odyssee eines New Yorker Finanzmaklers handelt. Er wird von einer Femme fatale aufs Land entführt und landet auf einem Klassentreffen, wo die Feelies vor einer riesigen US-Flagge mit schrammeligen Versionen von „I’m a Believer“ und David Bowies „Fame“ für Ekstase sorgen. Demme sollte später mit „Das Schweigen der Lämmer“ ein Welterfolg gelingen, auch die Band schien vor dem Durchbruch zu stehen.

Ihr 1980 herausgekommenes Debütalbum „Crazy Rhythms“, Dokument eines so ungehobelten wie euphorischen Garagenrockertums, war bejubelt worden. R.E.M. wurden Fans, das von deren Gitarristen Peter Buck coproduzierte, weitaus ruhigere Nachfolgewerk „The Good Earth“ gehört zu den besten Platten des Jahrzehnts. Die Feelies gingen auf Europa-Tournee, bekamen einen Plattenvertrag beim Major-Label A&M und brachten zwei weitere Alben heraus, die mittelmäßig blieben. Als sich die Band 1992 trennte, wurde das kaum mehr bemerkt.

Jetzt, 19 Jahre später, sind die Feelies wieder da. „Is it to late to do it again or should we wait another ten?“, lautet die erste Zeile, die Glenn Mercer zum sanften Rhythmus einer Wandergitarre und warm brummenden Bassläufen singt. „Here Before“ heißt das Album programmatisch, das Foto auf dem Innencover zeigt die fünf Musiker als rüstige Mittfünfziger auf einer Parkbank sitzend. Die Songs tragen Titel wie „Nobody Knows“, „Should Be Gone“, „Again Today“ oder „Time Is Right“, leicht verwundert beschwören sie einen Neuanfang.

Zu verdanken ist das Comeback einer Wiederannäherung der beiden Songwriter Glenn Mercer und Bill Million, die mit dem Wechselspiel ihrer Gitarren den Feelies-Sound prägten. Million war einst nach Florida gezogen. Als er nach New Jersey zurückkehrte, um seinen Sohn an einem College zu besuchen, traf er Mercer und verabredete sich zum Jammen mit ihm. Daraus entstanden die 13 Stücke der neuen Platte, aufgenommen in einem Studio in Hoboken.

Die neuen Feelies-Songs klingen immer noch überschäumend fröhlich, manchmal etwas windschief, manchmal sanft entrückt. Kurze, hell wehklagende E-Gitarrensoli, „Uuuh-Uaaah“–Chöre, der harte Beat des Drummers Stanley Demeski: alles da. „When you know“ ist das am schönsten rummsende Liebeslied des Sommers, „On And On“ erweist mit Tamburin und dissonanten Gitarren Velvet Underground eine Referenz. Nur Mercers Stimme wirkt nun weicher, altväterlich. „On and on – same old song“, murmelt sie.

„Here Before“ ist bei Bar None/Indigo erschienen.

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