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Kultur: Kammerspiele Eine Liszt-Matinee

mit Christine Schäfer

Schubert als Zugabe, da ist Christine Schäfer in ihrem Element. Bei „Nacht und Träume“ kommt ihr schutzlos-fragiler, immer um Spurenreste von Mädchenblüte angereicherter Gesang ganz zu sich – ihre Kunst, Seelenkammern auszuleuchten. Bei Franz Liszt fremdelt ihr lyrischer Sopran dagegen ein wenig. Nicht dass sie unfähig zur Ekstase wäre, aber ihre Verweigerung jeglicher Hysterie (die der Musikwelt großartige Mozart-Auftritte und ein betörend glasklare „Winterreisen“ beschert hat), ihr Beharren auf einem Vibrato, das die natürliche Breite des Atemstroms nie übersteigt, kommt bei Liszts Kunstliedern an ihre Grenzen.

Christine Schäfers Ausdrucksspektrum bleibt schlicht kleiner als das der aktuellen Einspielung von Diana Damrau, fehlt ihr doch alles Schwerblütige. Und Daniel Barenboim am Klavier schmiegt sich Schäfers Gesang zwar einfühlsam an, beschränkt sich in seinen Soloparts jedoch auf allgemein atmosphärischen Zauber. Und mogelt sich über knifflige Lieder wie „Der Alpenjäger“ oder „Jugendglück“ doch arg hinweg.

Dennoch gibt es viel zu entdecken bei dieser sonntäglichen Matinee im Schillertheater: den fragenden, zweifelnden, grüblerischen Liedkomponisten Liszt zum Beispiel. Zum Ende des Jubiläumsjahrs fördert Schäfer das Konjunktivische, Autosuggestive seiner Lieder zutage. Da ist die sinnierende, wie in Trance betende Heilige Johanna in „Jeanne d’Arc au bûcher“, die sich wie in Selbsthypnose tapfer zum Kampf ermannt. Oder der fein deklamierte Märchenton in „Ihr Glocken von Marling“. Oder auch das ersterbend zart zurückgenommene finale „Dahin“ in der Spätfassung von „Es rauschen die Winde“, welches die bittere Kühle der Anfangsverse Lügen straft. Christiane Peitz

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