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Kultur: Kann Gott swingen?

Es gibt Erfolge, die können ruinös sein. Obwohl "The Eternal Road" 1937 in New York ein halbes Jahr lang gespielt wurde, häufte sich Woche für Woche ein größerer Schuldenberg zusammen.

Es gibt Erfolge, die können ruinös sein. Obwohl "The Eternal Road" 1937 in New York ein halbes Jahr lang gespielt wurde, häufte sich Woche für Woche ein größerer Schuldenberg zusammen. Am Ende war er so hoch wie das fünfetagige Gebirge, das Bühnenbilder Norman Bel Geddes für das biblische Drama erschaffen hatte. Und so ging die beispiellose Kollaboration von Kurt Weill, Max Reinhardt und Franz Werfel als die größte Pleite in die amerikanische Theatergeschichte ein. Fortan wurde "The Eternal Road" gemieden und erst 1999 in der deutschen Originalfassung als "Der Weg der Verheißung" im Chemnitz uraufgeführt. Anlässlich einer Plattenaufnahme präsentierte das Rundfunk-Sinfonieorchester im Konzerthaus Ausschnitte aus dem monumentalen Versuch, die 6000-jährige Geschichte des jüdischen Volks zu einem Theaterspektakel zu bündeln. Ein Erinnern im Angesicht der Bedrohung: "Dieses Bibelspiel ereignet sich unter einer zeitlosen Gemeinde Israels in einer zeitlosen Nacht der Verfolgung", hatte Werfel seiner Dichtung vorangestellt, die 1934 entstand und das Ausmaß kommenden Schreckens nur fern erahnen konnte.

Nein, die exilierten Kulturgrößen harmonierten nicht miteinander. Reinhardt strebte einem einsamen Gipfel seiner gigantischen Illusionskunst zu, Weill war noch mitten in seiner Studienphase zu einem neuen amerikanischen Musiktheater (gefesselt von Gershwin) und Werfel schuf einem mehr poetischen denn dramatischen Riesentext. Und so drifteten auch jetzt die von Gerard Schwarz routiniert dirigierten Bruchstücke munter auseinander. Unverkennbar pulst Weills Theaterblut durch Musik und findet doch nur wenige Stellen, an denen es adäquat aufwallen kann. Der Tanz ums Goldene Kalb - eine sinfonisch aufgerüstete Dreigroschenoper-Idee. Weill bleibt sich treu als ein bekennender Komponist des kommerziellen Theaters, als einer, der die Massen erreichen wollte. Nur: Den schwierigen Gott des Alten Testaments zum Swingen zu bringen, wirkte schon vor dem Holocaust seltsam. Heute scheint "The Eternal Road" vollends ausgelatscht - daran änderte auch das erschütternde Geschrei des Tenors Ian DeNolfo als Jakob nichts.

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