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Kultur: Karriere mit Kanzlerin

Eine

von Bernhard Schulz

Koalitionsverhandlungen sind die Stunde der Spekulanten. Kultur kam zwar in den beinharten „Sondierungsgesprächen“ der vergangenen Tage nicht vor, war aber durch personelle Verflechtung präsent. Was wurde nicht alles durchgespielt! Norbert Lammert (CDU), von Kanzlerkandidatin Angela Merkel für Kultur ins Kurzzeit„Kompetenzteam“ geholt, stand für die Aussicht auf ein eigenständiges Ministerium. Daran fanden Kulturlobbyisten Gefallen, die wiederum Wolfgang Thierse (SPD) ins Gespräch brachten, als dieser keine Hoffnung mehr auf sein schönes Amt als Bundestagspräsident hegen durfte. Denn das hatte Vize Lammert stets im Auge, der es nun auch bekommen soll. Damit ist kein Schwergewicht mehr zu sehen, das auf ein vollgültiges Ministerium pochen könnte – zumal die Großkoalitionäre mit ihrer peniblen Austarierung der Ministerposten ein weiteres Amt ausschließen.

Es bleibt, wie Merkel gestern erklärte, bei der kleinen Lösung des Kulturstaatsministers im Kanzleramt – eine Erfindung Schröders von 1998, unter wütendem Protest der CDU-Länderfürsten, doch bezeichnenderweise bald von Lammert gutgeheißen. Wer nun ins Kanzleramt miteinzieht, muss das Vertrauen der gern in ihrem Küchenkabinett verschanzten Kanzlerin genießen. Da gerät Monika Grütters ins Rampenlicht. Auf Merkels Wunsch wurde sie zur Spitzenkandidatin der Berliner CDU gewählt. Dass sie seinerzeit das Amt des Berliner Kultursenators ausschlug, erweist sich als kluger Schachzug.

Grütters hat noch jede Protektion mit Gewinn verbucht, ob einst durch Landowsky und Diepgen oder nunmehr von Merkel. Schon wird sie von Parteistrategen für die CDU-Spitzenkandidatur zur Berliner Abgeordnetenhauswahl 2006 in Betracht gezogen. Doch halt – auch Annette Schavan, eigentlich fürs Bildungsministerium gehandelt und als Baden-Württembergerin wegen des Länderproporzes bei der Ämtervergabe zu berücksichtigen, könnte sich im Kanzleramt wiederfinden. Wie immer sich Merkel entscheidet – wer unter dem Alptraum eines schwarzen Rollbacks gelitten hat, darf beruhigt aufwachen. Ideologen sind beide Kandidatinnen nicht und Konservative allenfalls in einem pragmatischen Sinn. Kontinuität zur scheidenden SPD-Vorgängerin Christina Weiss ist angesagt. Eben Große Koalition.

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