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Katerstimmungam Gorki: Petras will weg

Den Intendanten zieht es nach Stuttgart.

Armin Petras will Berlin verlassen. Bereits 2013 soll der Intendant des Maxim Gorki Theaters am Staatstheater Stuttgart die Nachfolge von Hasko Weber antreten. Darauf hat sich am Montag eine Findungskommission geeinigt, der Verwaltungsrat des Baden-Württembergischen Staatstheaters muss allerdings noch zustimmen. Von dort kommt auch die möglicherweise verfrühte Meldung.

Petras leitet das Maxim Gorki Theater seit 2006, man muss sagen: mit Erfolg. 2008 hatte der Regisseur und Dramatiker seinen bis 2011 laufenden Vertrag vorzeitig bis 2016 verlängert. Die Berliner Kulturverwaltung muss nun die rechtliche Lage prüfen. Kulturstaatssekretär André Schmitz wurde von der Nachricht überrascht, er bereitet sich auf die Koalitionsverhandlungen mit der CDU vor: „Es wäre bedauerlich, wenn es dazu käme. Zumal die zweite Hälfte seiner Vertragszeit jetzt erst im August begonnen hat. Wir werden nun erst einmal mit Armin Petras selbst reden.“

Reisende soll man nicht aufhalten, sagt das Sprichwort. Die Theaterpraxis zeigt aber auch, dass Petras zwar Intendant ist, aber immer wieder auch fleißig in anderen Städten inszeniert hat – die Koproduktionen sind dann in der Regel auch am Maxim Gorki Theater zu sehen. Wie er das schafft, hat man sich oft gefragt – und wie ein solcher Arbeitswahn auf die Ästhetik durchschlägt. Petras, 1964 im Sauerland geboren, kam Ende der Sechziger mit seinen Eltern in die DDR, die er 1988 verließ. Man könnte ihn, wenn es irgendeinen Sinn ergäbe, als sesshaften Zugvogel bezeichnen. Unter dem Namen Fritz Kater ist er als Stückeschreiber bekannt geworden. Als Regisseur bevorzugt er Romane, die er für die Bühne dramatisiert, zuletzt das Monsterwerk „Die Wohlgesinnten“ von Jonathan Littell.

Ob Stuttgart vorgeprescht ist, ob Petras vielleicht auch in Berlin pokert, beides ist nicht auszuschließen. Vielleicht hat sich auch sein Konzept – schnell arbeiten, viel produzieren, den Zeitgeist abschöpfen – in Berlin ein wenig erschöpft. Für die Kulturpolitik in der Hauptstadt wäre Petras’ Abgang eine Schlappe, würde Katerstimmung verbreiten, ganz egal, wie man zu seinem schlanken Inszenierungsstil, seinem Baukastensystem steht. Anderswo ist (noch) mehr Geld für Kultur vorhanden. Das wird zum Problem für Berlin. Denn Shermin Langhoff, die Leiterin des Ballhauses Naunynstraße, zieht es zu den Festwochen nach Wien, und Matthias Lilienthal wird Ende dieser Saison nach acht tollen Jahren seinen Platz im Hebbel am Ufer räumen; es sei Zeit, sagt er. Auf der einen Seite also viel Bewegung, auf der anderen (Volksbühne, Berliner Ensemble) bleibt alles festgefügt, auf Jahre und Jahrzehnte. Vielleicht öffnet sich, wenn Petras partout gehen will, für Matthias Lilienthal eine Tür. Vom Halleschen Ufer Unter die Linden: Das passt auch zeitlich. Rüdiger Schaper

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