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Kultur: Keane

Diese Woche auf Platz 20 mit: „Under The Iron Sea“

Auf diesem Foto fehlt ein Mann: der Gitarrist. Die Songs von Keane klingen oft, als würden sie sehr britisch auf einer Vielzahl elektrischer Saiteninstrumente runtergeschruppt. Das täuscht. Keane hatten früher mal einen Gitarristen, aber der stieg aus, ehe man sich in die Welt hinaus wagte. Das Trio besteht seitdem aus Sänger, Schlagzeuger und Keyboarder. Letzterer verfügt über Sound-Bibliotheken, in denen es munter bratzt und sägt. Die dicken Schichten aus übereinandergelagerten Gitarrenstimmen schüttelt er locker aus dem Arbeitsspeicher. Nur Bass spielt er gelegentlich selbst, wenn er nicht sein Notebook entsprechend programmiert.

Für viele Kritiker ist der Stellenabbau nicht der einzige Dorn im Ohr. Keane sind nicht nur eine Band des „klingt als ob“, sondern auch des „klingt wie“. „Wie Depeche Mode oder Coldplay“, heißt es in giftigen Rezensionen, die das schwer verdauliche Pathos beklagen und von „Brechreiz“ und ähnlichen körperlichen Reaktionen berichten. Die Endverbraucher scheinen dagegen immun. Acht Mal wurde das Debüt-Album allein in Großbritannien mit Platin ausgezeichnet. Der Zweitling wirkt etwas angestrengt. Keane wollen zeigen, was sie außer dem Kuschelrock-Falsett von Tom Chaplin noch zu bieten haben.

Die drei haben große Vorbilder. Als Schülerband spielten sie U2, Oasis und die Beatles nach. Tom, Tim und Richard gingen auf dieselbe Schule, wo Toms Vater 25 Jahre lang Rektor war. Behütete Mittelklasseverhältnisse in der südenglischeen Bilderbuchgrafschaft Sussex. So behütet, dass sie sich angeblich nach der seligen Miss Cherry Keane benannten, ihrem Kindermädchen aus Sandkastentagen. Da klingt es zunächst seltsam, wenn die Band sagt, für „Under The Iron Sea“ habe sie sich „mit ihren schlimmsten Albträumen konfrontiert“. Aber man glaubt es ihnen.

Ralph Geisenhanslüke

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