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Kultur: Keine Verspannung im Berliner Konzerthaus

Ein reiner Mozart-Abend ist etwas Seltenes geworden; zu wenig spektakulär und scheinbar leichtgewichtig ist seine Musik, als dass sie die romantischen Brocken, die die Berliner Klavierabende beherrschen, beiseite schieben könnte. Dabei ist Mozart, von Legionen unbegabter Klavierschüler zu Tode gemartert, verflixt schwer.

Ein reiner Mozart-Abend ist etwas Seltenes geworden; zu wenig spektakulär und scheinbar leichtgewichtig ist seine Musik, als dass sie die romantischen Brocken, die die Berliner Klavierabende beherrschen, beiseite schieben könnte. Dabei ist Mozart, von Legionen unbegabter Klavierschüler zu Tode gemartert, verflixt schwer. Wer verfügt schon über jenen schwerelosen, ausgeglichenen Anschlag, der noch in den verzwicktesten Figurationen Gleichmaß und Gesanglichkeit bewahrt? Schon die kleinste Verspannung kann zum jähen Absturz führen.

Ken Ara verfügt über solche Fingerfertigkeit, mehr noch: Er ist ein Meister der Balance. Sein Mozart-Abend im Kleinen Schauspielhaus-Saal schlägt das Publikum bis zur letzten Note in Bann. Daran hat auch eine kluge Dramaturgie ihren Anteil; das Programm konfrontiert die dramatischeren Fantasien in d-moll und c-moll mit den Sonaten in C (KV 330) und A (KV 331). Mit weichem, rundem Ton und Detailtreue in Phrasierung und Dynamik spielt der seit gut 30 Jahren in Berlin lebende Japaner einen natürlich atmenden, sprechend lebendigen Mozart. Alles Extreme ist ihm fremd, und so gibt es weder pedalarme motorische Trockenheit noch sentimentales Rubato, kein hektisches Sechzehntel-Gezappel oder angeberische Arpeggien in den raschen Sätzen. Auch eine bleichsüchtig im linken Pedal versunkene Lyrik ist Ara fremd. Vitalität und Witz des D-Dur-Rondos (KV 485) können sich so bestens entfalten, ebenso der graziöse Habitus der C-Dur-Sonate. In der A-Dur-Sonate leistet der Pianist sich ruhige Tempi, ohne dass die Mozartsche Virtuosität deshalb beeinträchtigt würde. Im Gegenteil: Die verschrobenen Verzierungen der zweiten Variation oder das Parodistische der gewundenen Melodik im "Türkischen Marsch" werden auf diese Weise besonders deutlich.

Eines gibt es bei Ara allerdings nicht: Überraschungen. Neue Sichtweisen, wie sie die großen Mozart-Spielerinnen Maria Joao Pires oder Mitsuko Uchida gelegentlich vermitteln, werden an diesem Abend kaum eröffnet. Immerhin beweisen die kindlichen Mozart-Menuette, die Ken Ara als Zugabe spielt, dass er noch die schlichteste Struktur mit dem Schein der Vollkommenheit zu erfüllen vermag.

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